Informierte Patientinnen und Patienten treffen gute Entscheidungen

Lesedauer beträgt 4 Minuten
Autor: NÖ Landesgesundheitsagentur

Gesundheitskompetenz definiert sich als die Fähigkeit, gute Entscheidungen hinsichtlich der eigenen Gesundheit zu treffen. Therapieerfolge können wesentlich gesteigert werden, wenn Patienten auch selbst Verantwortung übernehmen und vermittelt bekommen, wie sie sich am besten an ihrer Behandlung beteiligen und die eigene Genesung vorantreiben können. Dazu kann auch die NÖ LGA als größter Krankenhausträger Österreichs einen Beitrag leisten.

Der Beitrag der NÖ LGA zur Steigerung der Gesundheitskompetenz

Ein Ziel der NÖ LGA ist es, Patienten zu befähigen, von einer passiven zu einer aktiven Rolle zu wechseln. Dazu braucht es Werkzeuge, die helfen, Verhalten und persönliche Lebensweise vor und nach medizinischen Behandlungen oder Eingriffen so zu gestalten, dass eine erfolgreiche Therapie und rasche Genesung bestmöglich unterstützt werden. Eines dieser Werkzeuge sind schriftliche Informationen in Form von Broschüren und Foldern für Patienten und deren Angehörige, die an den NÖ Klinikstandorten an diese Personen ausgehändigt werden.

Je nach medizinischem Thema ist eine kurze Information über die jeweilige Erkrankung bzw. den Eingriff enthalten. Detaillierte Informationen werden im ausführlichen, individuell geführten und dokumentierten Patientengespräch gegeben. Dafür stehen standardisierte Aufklärungsbögen zur Verfügung. Die Patienteninformationsbroschüren und -folder sollen diese Informationen ergänzen und abrunden. So sind neben dem persönlichen Gespräch hier auch in schriftlicher Form beispielsweise noch folgende Punkte enthalten:

■ Informationen über die Dauer der
körperlichen Schonung nach Entlassung
■ Warnzeichen, auf die nach Entlassung
zu achten ist
■ Hinweise zu fachärztlichen Kontrollintervallen
■ Informationen zum psychischen Wohlbefinden
■ Diät- und Ernährungsempfehlungen
■ Hilfestellungen zur Körperpflege
z.B. bei Nähten
■ Anweisungen zur korrekten Narbenpflege
■ Empfehlungen zu Bewegung und Sport
nach Entlassung
■ …

Auch Prävention ist ein Thema. Ein relativ neu entwickelter Folder behandelt beispielweise das Thema Thromboseprophylaxe. Enthalten sind konkrete Informationen darüber, wie Thromboseprophylaxe-Spritzen zu Hause korrekt appliziert werden und welche Risiken bestehen, wenn keine Prophylaxe erfolgt.

Auf vielen Foldern finden sich auch Kontaktadressen für weiterführende Informationen. Dabei wird darauf geachtet, dass diese von vertrauenswürdigen Dritten und anerkannten Institutionen stammen.

Vorgehensweise bei der Erstellung neuer Patienteninformationen

Bei Erstellung eines neuen Folders oder einer neuen Broschüre werden zunächst alle bestehenden Unterlagen und Informationen, die in den NÖ Kliniken zum jeweiligen Thema bereits an Patienten ausgegeben werden, erhoben. Die Inhalte werden anschließend evaluiert und unter Einbezug von Fachexperten aller Gesundheitsberufe sowie wissenschaftlich empfohlenen Verhaltensempfehlungen in neuen, einheitlichen Informationsfoldern/-broschüren zusammengefasst und in für Laien verständlicher Sprache formuliert. Die finale Freigabe erfolgt durch den jeweiligen Fachbeirat (Medizinisches Gremium je Fachdisziplin) der NÖ LGA.

Was ist der Vorteil dieser Vorgehensweise?
■ Sicherheit für Patienten: Je nach Fachgebiet werden die Folder über die zugehörigen medizinischen Fachbeiräte und Gremien freigegeben.
■ Nachhaltigkeit: Jährliche Bedarfsabfrage, Sammelbestellung und Druck für alle Kliniken und zentral verwaltete Tauschbörse, bei unterjährigem Mehrbedarf.
■ Einheitliches Erscheinungsbild: Die Folder werden immer wieder gemäß der aktuellen Corporate-Design-Vorgaben zentral überarbeitet, Bildrechte etc. werden beachtet.
■ Laufende Qualitätssicherung: Regelmäßige Evaluierung und Weiterentwicklung der bestehenden Folder.

Darüber hinaus bietet jeder Folder Platz für Individualisierungen wie das Anbringen von Kontaktdaten des jeweiligen Klinikums/Abteilung.

Kontinuierliche Verbesserung

Im Jahr 2006 wurde die erste Patientenbefragung in allen NÖ Kliniken durchgeführt. Ein Ergebnis dieser Befragung war, dass sich die Patientinnen und Patienten mehr Informationen wünschen. Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses wurden Verbesserungsmaßnahmen abgleitet und der erste Patienteninformationsfolder erstellt.

In den Ergebnissen der Patientenbefragung konnte über die Jahre eine kontinuierliche Steigerung der Zufriedenheitswerte zum Thema Verhaltensempfehlungen beobachtet werden. Bei der ersten Patientenbefragung wurde bei der Frage „Haben Sie während Ihres Aufenthaltes Verhaltensempfehlungen für die Zukunft erhalten?“ ein NÖ-weites Ergebnis von 77,9 Punkten von 100 möglichen erreicht. Bei der Patientenbefragung 2009, also zwei Jahre nach Start des Projektes, konnte der Wert um mehr als 13 Punkte gesteigert werden (NÖ-weites Ergebnis von 91,3 Punkten).

Dank der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Patienteninformationsfolder erreicht die Frage nach den Verhaltensempfehlungen, bei der jährlich stattfindenden Patientenbefragung in allen NÖ Kliniken ausgezeichnete Bewertungen. Im Jahr 2021 lag das Ergebnis bei 96,1 von 100 möglichen Punkten.

Ausblick und Verbesserungspotenzial

Waren es im ersten Jahr 18 verschiedene Folder aus den Fächern Gynäkologie, Chirurgie, Urologie und Augenheilkunde, waren im Jahr 2012 schon rund 70 verschiedene Folder in Verwendung. Immer wieder wurden von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der NÖ Kliniken neue Vorschläge und Inhalte für weitere Patienteninformationsfolder und -broschüren eingebracht, sodass es im Jahr 2022 bereits 94 verschiedene Folder und sechs Broschüren gab. In Summe wurden 247.361 Stück Folder und 21.764 Stück Broschüren gedruckt. Auch im Jahr 2023 wird es Erweiterungen geben, z.B. zu den Themen Delir und Demenz. Viele der bestehenden Folder sind bereits in unterschiedlichste Sprachen übersetzt worden. Derzeit sind Folder in Englisch, Türkisch, Bosnisch, Serbokroatisch, Russisch, Arabisch, Farsi, Slowakisch und Tschechisch verfügbar. Auch für das Jahr 2023 sind weitere Übersetzungen geplant.

Verbesserungspotenzial besteht u.a. hinsichtlich Einfacher Sprache. Gesundheitsinformationen sind vor allem für medizinische Laien besser verständlich, wenn sie „simpel“ gehalten sind. Dazu gehört beispielsweise: die Vermeidung oder Erklärung von Fachbegriffen und die Beschreibung wesentlicher, wichtiger Fakten und Punkte in kurzen, einfachen Sätzen. Vor allem in den letzten Jahren wurde bei Überarbeitungen der bestehenden und der Erstellung neuer Patienteninformationen im Sinne der Förderung von Gesundheitskompetenz bereits auf die Grundsätze guter Gesundheitsinformation geachtet. Das Potenzial ist hier jedoch noch nicht ausgeschöpft. Aktuell bietet die NÖ Landesgesundheitsagentur für interessierte Studentinnen und Studenten mit entsprechendem Studien-Schwerpunkt die Möglichkeit an, sich im Rahmen einer Bachelor- oder Masterthesis u.a. mit diesem Thema zu beschäftigen.

Autorinnen:

Mag. (FH) Karina Leoni-Fuchs und Theresia Schauerhofer BA, MSc
NÖ Landesgesundheitsagentur, Zentrale

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: