Fragwürdige Forschungspraxis bei Homöopathie

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Donau-Universität Krems

Eine neue Studie stellt einen Mangel an wissenschaftlichen und ethischen Standards bei der Forschung zu Homöopathie fest. Sie zeigt, dass die Wirkung von homöopathischen Mitteln aufgrund von verzerrenden Effekten überschätzt werden könnte.

Die Prinzipien der Homöopathie wurden vor fast 200 Jahren entwickelt. In vielen entwickelten Ländern gilt sie als ganzheitliche und vergleichbare Alternative zur modernen Medizin, obwohl ihre Grundsätze weitgehend im Widerspruch zu physikalischen und medizinischen Prinzipien stehen. Die Debatte um ihre Wirksamkeit hält seit Langem an. Im Kontext dieser Debatte steht eine aktuelle Studie von Forschern von Cochrane Österreich an der Universität für Weiterbildung Krems, der Karl Landsteiner Privatuniversität und der Medizinischen Universität Wien zur Analyse der Evidenz bei Homöopathie. Sie lässt darauf schließen, dass die Forschung in diesem Bereich ein hohes Risiko für Verzerrungseffekte aufweist. Grund dafür ist eine mangelhafte wissenschaftliche Praxis.

Verzerrtes Bild der Wirksamkeit homöopathischer Mittel

Die Auswertung der Wissenschafter ergab, dass 38 Prozent der Studien zu Homöopathie, die seit 2002 registriert wurden, im Anschluss nicht veröffentlicht wurden. Gleichzeitig wurden 53 Prozent der Studien zu diesem Themenbereich nicht offiziell regis­triert. Bei einem Viertel der registrierten Studien zu Homöopathie wurde das Hauptziel in der späteren Veröffentlichung verändert. Darüber hinaus ergaben die Studien, die nicht registriert waren, größere therapeutische Effekte als die registrierten Studien. Der hohe Anteil an nicht oder erst im Nachhinein registrierten Homöopathie-Studien weist darauf hin, dass deren Veröffentlichung tendenziell von den Ergebnissen abhängt. Die veröffentlichten Studien zu diesem Bereich spiegeln folglich nur einen Teil der Forschung wider, und zwar vorrangig jenen, der positive Ergebnisse erbringt. Reporting-Bias ist die Folge daraus, eine verzerrende Wirkung auf die Studienlage. „Die wissenschaftlichen Standards in der Forschung zu Homöopathie sind erschreckend schlecht, wie unsere Studie zeigt. Wir gehen davon aus, dass viele Studien nicht publiziert werden, weil sie nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Die veröffentlichten Homöopathie-Studien berichten wahrscheinlich nur die attraktiven Ergebnisse und liefern daher ein verzerrtes Bild der Wirksamkeit von Homöopathie“, erläutert Studienautor Gerald Gartlehner.

Veröffentlichung und Registrierung als Basis für glaubwürdige Evidenz

Öffentlich einsehbare Datenbanken wie ClinicalTrials.gov (USA) und ClinicalTrialsRegister.eu (EU) wurden eingerichtet, um dem Phänomen des Reporting-Bias entgegenzuwirken. In diesen Datenbanken können Studien vorab registriert werden. Seit 2008 sind Forscher im Grunde ethisch dazu verpflichtet, ihre Forschungsarbeiten im Vorfeld zu registrieren und die Ergebnisse nach dem Abschluss der Studien zu veröffentlichen. Dennoch ist der Anteil jener Studien, deren Ergebnisse nicht veröffentlicht werden, nach wie vor hoch. Das betrifft natürlich nicht nur Untersuchungen zur Homöopathie. Die Ergebnisse der aktuellen Studie zur Evidenz bei Homöopathie zeigen allerdings klar auf, dass die wissenschaftlichen und ethischen Standards in diesem Forschungsbereich zu hinterfragen sind.

Zur Studie:
https://ebm.bmj.com/content/early/2022/01/30/bmjebm-2021-111846

Autorin:
Mag. Edeltraud Günthör, MA
Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit bei Cochrane Österreich
Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation
Universität für Weiterbildung Krems
edeltraud.guenthoer@donau-uni.ac.at

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