„Making Shared Decision Making (SDM) a Reality“ ist ein vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Deutschland im Zeitraum vom 1.10.2017 bis 30.9.2021 gefördertes Projekt (Förderkennzeichen: 01NVF17009). Mithilfe des SHARE TO CARE-Programms sollte im gesamten Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Standort Kiel, SDM implementiert werden (www.uksh.de/sdm). Eingebettet in eine konzertierte Implementierungsstrategie, kommen im Programm vier Interventionsmodule zum Einsatz: SDM-Training von Ärztinnen und Ärzten, Online-Entscheidungshilfen, Integration von Pflegekräften zur Unterstützung von SDM und Patientenaktivierung. Trotz der Pandemie und des gleichzeitigen Umzugs des gesamten Klinikums ist es gelungen, eine flächendeckende Implementierung zu erreichen und mittlere bis große Effekte auf die prospektiv definierten Endpunkte nachzuweisen.
Shared Decision Making (SDM) ist der Goldstandard medizinischer Entscheidungsfindung. Dabei sollen Ärzte und Patienten Informationen austauschen und gemeinsam zu einer Behandlungsentscheidung kommen, die aus medizinischer und Patientenperspektive optimal ist. Zudem verspricht man sich von SDM eine Verbesserung der Versorgungsqualität und Patientensicherheit. Dennoch ist SDM bislang im klinischen Alltag eher die Ausnahme. Das SHARE TO CARE-Programm konnte in 19 von 22 Kliniken auf dem Campus Kiel erfolgreich implementiert werden. So konnte trotz aller Schwierigkeiten, vor allem durch die Corona-Pandemie und die sich dadurch noch verschärfte zeitliche Belastung, die angestrebte Trainingsquote der Ärzteschaft von 80 % in fast allen Kliniken erreicht werden.
Die Prozessevaluation bestätigte mit wenigen Abstrichen die hohe Praktikabilität. Die Ergebnisse aus den Patientenfragebögen (Perceived Involvement in Care Scales) sowie der Gesprächsvideoanalysen (MAPPIN’SDM) zeigten einen signifikanten Anstieg des SDM-Levels in Kliniken mit vollständiger Implementierung. Das SDM-Level war 6 bzw. 18 Monate nach Ende der Implementierung weiterhin signifikant erhöht. In einer als Kontrolle genutzten Klinik ohne SDM-Implementierung erfolgte erwartungskonform kein Anstieg. Im Vergleich zur gematchten Kontrollgruppe zeigten sich mit SDM eine Reduktion der stationären Notfalleinweisungen sowie insgesamt niedrigere Krankenhauskosten. Die im Rahmen des Innovationsfondsprojektes investierten Interventionskosten in SDM beliefen sich auf durchschnittlich ca. 122 Euro pro Patient. Diese werden sich in weiteren Krankenhäusern deutlich reduzieren, zumal viele Interventionen (z.B. Entscheidungshilfen, Online-Trainings etc.) aus dem Kieler Projekt weiterverwendet werden können. Die Einsparungen pro Patient im Vergleich zu Kontrollkrankenhäusern der Regelversorgung betrugen ein Vielfaches der Interventionskosten.
Das SHARE TO CARE-Programm bewies eine gute Praktikabilität und Wirksamkeit. Pandemiebedingt ist die Ergebnissicherheit bzgl. der Kosteneffizienz geringer als intendiert. Als weltweit best available evidence lassen die Ergebnisse dennoch vermuten, dass die Überführung von SDM in die stationäre Regelversorgung mehr Geld spart, als sie kostet. Am UKSH wird SDM seit Projektende über einen Selektivvertrag mit der Techniker Krankenkasse (TK) zusätzlich vergütet, um die Versorgungseffizienz und Patientensicherheit zu erhöhen.
Autoren:
Dr. rer. medic. Fülöp Scheibler
Nationales Kompetenzzentrum Shared Decision Making, Kiel; SHARE TO CARE. Patientenzentrierte Versorgung GmbH, Köln.
Prof. Dr. Dipl. Psych. Friedemann Geiger
Nationales Kompetenzzentrum Shared Decision Making, Kiel; SHARE TO CARE. Patientenzentrierte Versorgung GmbH, Köln.
PD. Dr. med. Jens Ulrich Rüffer
SHARE TO CARE. Patientenzentrierte Versorgung GmbH, Köln; TAKEPART Media + Science GmbH, Köln.