Haftung bei nosokomialen Infektionen

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Autor: Monika Ploier

Mit dem Anstieg der nosokomialen Infektionen wächst die Anzahl der juristischen Fragen, die mit Infektionen durch „Krankenhauskeime“ verbunden sind. Werden Hygienevorgaben verletzt, steht der Spitalsbetreiber bei Patientenschäden in der Pflicht.

Unter „nosokomialen Infektionen“ werden Infektionen genannt, die bei einem Patienten während eines Aufenthalts in einem Krankenhaus oder einer anderen Gesundheitseinrichtung oder unmittelbar danach auftreten. Aus Studien geht hervor, dass rund 20 bis 30 Prozent aller nosokomialen Infektionen durch bessere Hygiene- und Kontroll-Programme vermieden werden könnten. Wenn eine nosokomiale Infektion vermieden werden hätte können, stellen sich automatisch haftungsrechtliche Fragestellungen.

Voraussetzungen für eine Haftung

Die Voraussetzung für eine Haftung ist, dass die nosokomiale Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre, wenn alle medizinischen und hygienischen Standards eingehalten worden wären. Der Maßstab bei der Beurteilung ist daher, ob alle notwendigen Organisations- und Sorgfaltspflichten hinsichtlich Hygienemaßnahmen eingehalten wurden und diese dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung entsprochen haben. Ergibt sich – zumeist durch Sachverständigengutachten –, dass Empfehlungen der Fachgesellschaften, des hauseigenen Hygieneteams etc. nicht eingehalten wurden und dadurch Hygienemängel bestanden haben (bzw. bestehen) und dadurch ein Patient zu Schaden gekommen ist, dann muss sich der Krankenanstaltenträger ein Organisationsverschulden zurechnen lassen.

Sofern eine nosokomiale Infektion auf eine Sorgfaltswidrigkeit zurückzuführen ist, haftet der Kranken­anstaltenträger zivilrechtlich aufgrund des abgeschlossenen Behandlungsvertrages.

Im Rahmen der Organisationspflichten müssen in einer Krankenanstalt sämtliche rechtliche Vorgaben eingehalten und umgesetzt werden und Maßnahmen getroffen werden, die einen reibungslosen Betriebsablauf garantieren. Im Rahmen der Verpflichtung zur Qualitätssicherung – sowie in Zusammenhang mit dem jeweiligen Hygieneteam der Krankenanstalt – muss somit nicht nur Kenntnis über alle bestehenden rechtlichen Vorgaben bestehen (über einschlägige Gesetze, Verordnungen, Ö-Normen, Empfehlungen und Richtlinien der Fachgesellschaften etc.), sondern diese müssen im Betriebsablauf umgesetzt werden. Warnungen der Hygieneteams sollten daher ernst genommen werden. Um nosokomiale Infektionen zu vermeiden, sind die vorgeschlagene Maßnahmen zu realisieren. Wird die Umsetzung unterlassen und kann der Eintritt der nosokomialen Infektion auf die unterlassene Maßnahme zurückgeführt werden, ist die Sorgfaltswidrigkeit evident.

Eckpfeiler Hygieneteam

Zu den Aufgaben des Hygieneteams gehören neben der Erstellung eines Hygiene-Plans insbesondere auch die generelle Evaluierung der vorhandenen Hygiene-Maßnahmen, die Schulung der Mitarbeiter in hygienischen Belangen, die Erarbeitung von Richtlinien und Vorschlägen, die Beratung des Anstaltsträgers in sämtlichen Belangen die Hygiene betreffend sowie auch die Überwachung der Maßnahmen zur Vermeidung nosokomialer Infektionen. Sofern eine nosokomiale Infektion und damit eine Gesundheitsschädigung des Patienten auf eine Sorgfaltswidrigkeit zurückzuführen ist, haftet der Krankenanstaltenträger zivilrechtlich aufgrund des abgeschlossenen Behandlungsvertrages. Die Nichteinhaltung von Hygiene-Vorgaben verstößt gegen die vertraglichen Pflichten gegenüber dem Patienten. Erkrankt ein Patient infolge Hygienemängel an einer nosokomialen Infektion, so kann der Patient neben Schmerzengeld auch Verdienstentgang, Behandlungskosten, Folgeschäden etc. geltend machen.

Auch strafrechtlich kann der Krankenanstaltenträger nach dem sog. „Verbandsverantwortlichkeits-Gesetz“ wegen eines Organisationsmangels zur Verantwortung gezogen werden. Wenn sich daher aufgrund von Hygienemängeln durch den Eintritt einer nosokomialen Infektion eine Körperverletzung verwirklicht, so kann dies strafrechtlich verfolgt und der Vertreter der Krankenanstalt mit einer Geldbuße belegt werden.  

Dr. Monika Ploier ist Anwältin bei HLMK Rechtsanwälte und auf Medizin- und Arbeitsrecht spezialisiert. Sie ist Verfasserin zahlreicher Publika­tionen und Lektorin für Medizin & Recht an mehreren akademischen Bildungseinrichtungen. Monika Ploier ist Obfrau des Forschungsinstituts für Recht in der Medizin FIRM.