Selten sind die Vortragenden, Lehrer und Autoren, die mit Improvisationen über Themen der Führung von Menschen in modernen Organisationen Mut machen, das Nachdenken fordern und das Vordenken fördern. Heinz K. Stahl ist zutiefst humanistisch geprägt und kann auf lange Erfahrung aus der eigenen Praxis in Führung und Lehre zurückgreifen; mehr von ihm am Österreichischen Gesundheitswirtschaftskongress.
Heinz K. Stahl, Verhaltenswissenschaftler, in der universitären Lehre an der Wirtschaftsuniversität Wien, am Management Center Innsbruck, an der Montanuniversität Leoben und an der FH Burgenland tätig, ist mit seinen zahlreichen Publikationen zum Thema Führung als Autor, Herausgeber und Vortragender eine bekannte Größe im österreichischen Gesundheitswesen.
ÖKZ: Wo liegen die geschichtlichen Wurzeln von Führung im betrieblichen Kontext?
Stahl: „Wer führen will, muss in erster Linie fachlich kompetent sein.“ Dieses Credo unseres Kulturkreises hat seinen Ursprung in den Handwerkszünften des Mittelalters. Wer es vom Lehrling über den Gesellen zum Meister gebracht hatte, genoss gesellschaftliches Ansehen. Hohes fachliches Können war eine wichtige Voraussetzung, um in den späteren Manufakturen die Führung im Sinne des „Vorangehens“ und „Bestimmens“ zu übernehmen. Diesem Vorrang konnte auch die Erfindung der Bürokratie und des Managements zu Beginn des 20. Jahrhunderts wenig anhaben.
ÖKZ: Wie sehen Sie den Spannungsbogen zwischen Fach- und Führungskompetenz heute?
Stahl: Heute stehen wir vor der Situation, dass „Führung“ immer noch eine Art Nachgedanke ist. Der beste Verkäufer wird Verkaufsleiter, der geübteste Techniker Betriebsleiter, der kenntnisreichste Zahlenjongleur Leiter des Controllings. Parallelen im Gesundheitswesen müssen nicht eigens erwähnt werden. Was sie für Führung brauchen, werden sich die Auserwählten schon irgendwie zulegen.
Konfrontiert mit den Umbrüchen in der heutigen Arbeitswelt, etwa die ungebremste Pluralisierung der Wertvorstellungen und Motive, sollen sich Führungskräfte plötzlich mit dem Menschen als Subjekt und nicht als Objekt auseinandersetzen. Psychologie, Soziologie und Philosophie drängen sich auf. Überforderung macht sich breit.
ÖKZ: Über kaum etwas wird so viel geredet, geschrieben, diskutiert wie über Führung; Trends, Hypes und Gurus sonder Zahl.
Was ist der Kern Ihrer Botschaft?
Stahl: Die Frage ist: „Gibt es eine Leitidee, um Führung unter den in unserem Gespräch gerade umrissenen Umständen eine Kontur zu verleihen?“ Ja, sie lautet „Führung als Profession“. Profession ist der Gegenpol zum Nebenbei, ist mehr als der „Job“, ist ein Bekenntnis zu Könnerschaft und Verantwortung. Mein Anliegen oder meine Botschaft, wenn Sie so wollen, ist an sich simpel: Führung ist Beziehungsarbeit, die nur gelingen kann, wenn man sich ihr mit Herzblut widmet.