Auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Albert Frömel

Vor über 17 Jahren begann meine Reise in die digitale Welt des Gesundheitswesens. Im Jahr 2005 herrschte Aufbruchstimmung in Europa und anderen Teilen der Welt. Strategien für die digitale Zukunft der Gesundheit wurden diskutiert, geplant und für die Umsetzung vorbereitet. Auch in Österreich nahm die „ARGE ELGA“ damals ihre Arbeit auf. Das Ziel: „Steigerung der Qualität, Effizienz, Effektivität“ der gesundheitlichen Versorgung.

Es schmerzt festzustellen, dass Österreich – insbesondere im internationalen Vergleich – das Ziel klar verfehlt hat, obwohl die Ausgangslage vielversprechend war. Eine Bertelsmann Studie bestätigt den Eindruck, den ich aus vielen Gesprächen mit internationalen Experten gewonnen habe. Sie ordnet Österreich auf Platz 10 von 17 im Digital Health Index ein – Platz 11 belegen wir, wenn es um die Nutzung der erfassten Daten geht.

Kurz gesagt: Wir sammeln Informationen, aber generieren kein Wissen. Dies schafft wenig bis keinen Mehrwert – weder für Patient:innen noch für Expert:innen aus Medizin und Forschung.

Wo die Reise hingehen muss, zeigen Länder wie Estland, Dänemark, Kanada, Israel und andere, die vor Österreich liegen. Sie haben in etwa zur gleichen Zeit begonnen (Estland begann schon in den 1990er-Jahren): Rechtliche Rahmenbedingungen wurden an die Anforderungen, welche E-Health stellt, angepasst, die technische Integration der Gesundheitssysteme weist kaum Lücken auf. Bürger:innen stehen sämtliche Patientendaten zur Verfügung. E-Medikation, Befunde, zentrale Gesundheitsportale, Telemedizin und Mobile Health-Anwendungen sowie die Möglichkeit, Daten für Forschung zu verwenden, sind heute oft schon eine Selbstverständlichkeit. In Österreich wurde das nur in Ansätzen umgesetzt.

Wir sammeln Informationen, aber generieren kein Wissen. Dies schafft wenig bis keinen Mehrwert – weder für Patient:innen noch für Expert:innen aus Medizin und Forschung.

Aus den Beispielen oben leiten sich einige allgemeingültige Erfolgsfaktoren ab: Systeme, die sich auf den Mehrwert für Bürger:innen konzentrieren und diesen auch vermitteln, führen zu Vertrauen und Akzeptanz. Klare Vorgaben und rechtliche Rahmenbedingungen für den Umgang mit Daten geben den Akteuren Sicherheit im Innovationsprozess. Institutionen des Gesundheitssystems sind meist mit Budget und Durchgriffsrecht ausgestattet.

EU-weit läuten Initiativen wie der European Health Data Space die Zukunft der europäischen Gesundheitsunion ein. Grenzüberschreitender Gesundheitsdatenaustausch hat das Ziel, die Gesundheitsversorgung auf ein neues Niveau zu heben und in die digitale Zukunft zu führen. Ein Modell, für das wir bis heute nicht ausreichend vorbereitet sind.
Bleibt Österreich auf dem eingeschlagenen Pfad, sind wir auf dem besten Weg in die E-Health-Bedeutungslosigkeit und werden den Anschluss an unsere europäischen und weitergefassten internationalen Nachbarn verpassen. Heute schon werben die oben erwähnten Länder mit ihrer modernen Infrastruktur, um weltweit die besten Köpfe aus Forschung und Industrie zu gewinnen.

Durch meine Tätigkeit habe ich das Glück, mit vielen klugen und engagierten Expert:innen im österreichischen Gesundheitswesen zusammenzuarbeiten. Ihre Anzahl ist – auch im europäischen Vergleich – noch herausragend.
Wollen, Wissen und erste Pilotprojekte sind schon lange vorhanden. Es ist höchste Zeit für systemweite Umsetzung. Stellen wir den Menschen, die tagtäglich motiviert für die Verbesserung unserer Gesundheit arbeiten, digitale Rahmenbedingungen und Lösungen zur Verfügung, die sie und letztendlich wir als Patient:innen verdienen.    //

Zur Person:
Albert Frömel ist bei Zühlke Austria für den Bereich Healthcare & Life Sciences verantwortlich. Zuvor betreute er bei Microsoft Österreich den Bereich Healthcare und Manufacturing.

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