Daniela Reiter: „Der Reha-Plan entfaltet seine Wirkung“

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Autor: Josef Ruhaltinger

Der Rehabilitationsplan ist das zentrale Steuerungsinstrument des heimischen Reha-Systems. Daniela Reiter, Leiterin des Reha-Projektteams in der GÖG, erzählt, worauf es bei den Bedarfsprognosen ankommt.

Frau Reiter, Sie haben gemeinsam mit Ihren Kollegen und Kolleginnen den Rehabilitationsplan 2020 erstellt. Welche Relevanz hat der Reha-Plan für die österreichische Realität?
Daniela Reiter: Eine hohe. Der Rehabilitationsplan ist das zentrale Steuerungsinstrument des österreichischen Reha-Systems. Darin finden sich die Bedarfsschätzung und die Angebotsplanung für die stationäre und ambulante Rehabilitation der Phase II, die für die kommenden vier bis fünf Jahre gelten. Damit wird von den Stakeholdern – dem Dachverband der Sozialversicherungsträger, den Vertretern der Sozialversicherungsträger und der Länder sowie dem Gesundheitsministerium – der Kurs für das heimische Reha-System festgelegt.

Mag. (FH) Daniela Reiter ist Projektleiterin für Rehabilitation in der Abteilung Planung und Systementwicklung in der Gesundheit Österreich GesmbH. Sie ist Absolventin der IMC FH Krems, Studienrichtung Gesundheitsmanagement. Seit 2006 arbeitet sie an der GÖG als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin in der Abteilung Planung und Systementwicklung. Ihre speziellen Aufgabenbereiche umfassen die Rehabilitationsplanung, die Rehabilitationsevidenz sowie die Koordination des Österreichischen Rehabilitationskompasses.

Und diese Arbeit wird auch beachtet?
Da hat sich mit dem Reha-Plan 2020 sehr viel getan. Kernelemente des Rehabilitationsplans wurden in den Österreichischen Strukturplan Gesundheit aufgenommen. Das war zwar auch in früheren Perioden der Fall. Neu ist, dass das Gesundheitsministerium für den aktuellen Plan auch eine Umsetzungsverordnung zum Rehabilitationsbereich erlassen hat. Damit wird der Rehabilitationsplan verbindlich. Die legistische Aufwertung war auch ein Wunsch der Länder und Sozialversicherungsträger, die eine rechtliche Basis für die Umsetzung der Rehabilitationsplanung eingefordert haben. Bis dahin war der Reha-Plan ein Commitment ohne Rechtsverbindlichkeit.

Und wo steht Österreich heute im Bereich der Rehabilitation?
Das Angebot ist sehr nahe am Bedarf, den wir im Reha-Plan 2020 prognostiziert haben. So haben wir den Bedarf bis 2025 an stationären Reha-Kapazitäten mit – um genau zu sein – 11.311 Betten errechnet. Dem gegenüber stehen derzeit 11.471 sog. „stationäre vertragliche Betten“. Das bedeutet, dass der Bedarf im stationären Rehabilitationsbereich zumindest rechnerisch gedeckt ist. Der Reha-Plan entfaltet seine Wirkung. Im ambulanten Bereich der Phase II haben wir noch einen Ergänzungsbedarf in bestimmten Regionen und Indikationsgruppen, der sich aber kontinuierlich verringert.

Die Rehabilitations-Indikationsgruppen beschreiben die Krankheiten und Beeinträchtigungen, für die Rehabilitationsmaßnahmen vorgesehen sind. Berücksichtigt das Reha-System heute mehr Krankheiten als früher?
Die wesentliche Neuerung ist sicher der Aufbau der Kinder- und Jugendlichen-Rehabilitation. Hier wurde seit 2017 ein völlig eigenständiges Versorgungs- und Therapieangebot für Kinder und Jugendliche entwickelt und umgesetzt. Kinder sind in der Rehabilitation nicht länger kleine Erwachsene. In den letzten Jahren hinzugekommen ist auch die onkologische Rehabilitation für Krebserkrankte. Auch der Bereich der psychiatrischen Rehabilitation ist deutlich ausgebaut worden.

Wo steht die Kinder-und Jugendlichen-Rehabilitation heute?
Der Start ist geglückt und wir sind dabei, Erfahrungswerte zu sammeln. Als der Dachverband der Sozialversicherungsträger vor sechs Jahren erstmals ein Ausschreibungsverfahren zur Kinder- und Jugendlichen-Rehabilitation in Österreich durchführte, orientierte man sich an einer Bedarfsschätzung aus dem Jahr 2010. Es macht sicher Sinn, für einen kommenden Reha-Plan eine Evaluierung der errichteten Kapazitäten durchzuführen. Man darf nicht vergessen: Der Aufbau mancher Kinder- und Jugend-Rehazentren fiel in die Corona-Zeit, die durch Lockdowns und Schließungen für sehr spezielle Rahmenbedingungen gesorgt hatte.

Alles im Plan. Das Angebot an Reha-Kapazitäten in Österreich ist sehr nahe am prognostizierten Bedarf. Der Bedarf im stationären Rehabilitationsbereich ist rechnerisch gedeckt.

Welche Rolle nimmt in Zukunft die ambulante Reha im Reha-System ein?
Im Vergleich zur stationären Erwachsenen-Rehabilitation, die ja eine lange Tradition in Österreich hat, ist die Sparte der ambulanten Rehabilitation noch relativ jung. Im Reha-Plan 2020 wird nicht nur der Ist-Stand dargestellt, sondern erstmals auch ein Bedarf und die regionale Verteilung prognostiziert. Damit ist die ambulante, „stationär-ersetzende“ Rehabilitation, die auch als ambulante Phase-II-Rehabilitation bezeichnet wird, ein definierter Bereich des Rehabilitationsplanes. Auch kann durch die ambulante Phase-II-Rehabilitation, unter bestimmten Voraussetzungen, das stationäre Reha-System entlastet werden.

In welcher Form?
Es braucht keine Übernachtung in den Rehabilitationseinrichtungen. Die ambulante Rehabilitation der Phase II ist einfacher mit Beruf und Kinderbetreuung vereinbar als die stationäre Reha, bei der man einige Wochen abseits seines gewohnten Umfelds verbringt. Sofern die Patienten und Patientinnen ausreichend mobil sind, stellt die ambulante Phase-II-Rehabilitation eine Alternative zur stationären Rehabilitation dar. Der Infrastrukturaufwand ist geringer.

Wo gibt es Bedarf für Nachbesserungen?
Österreichs Reha-Infrastruktur ist sehr gut aufgestellt. Aber natürlich gibt es Verbesserungspotenzial. Bei der stationären Erwachsenen-Rehabilitation haben wir vor allem in den Rehabilitations-Indikationsgruppen „Bewegungs- und Stützapparat“ sowie „Rheumatologie“, bei „Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ und in der Indikationsgruppe „Zentrales und peripheres Nervensystem“ noch Bedarf in den Versorgungszonen Ost (NÖ, Wien und nördl. Bgl, Anm. d. Red.) und West (Vbg, T; Red.). Interessanterweise haben wir in diesen Bereichen einen Bettenüberschuss in den Versorgungszonen Süd (Kärnten, Steiermark, südl. Bgl, Red.) und Nord (OÖ, Slbg, Red.). Daraus ergibt sich eine gewisse Notwendigkeit der regionalen Umverteilung von zum Teil historisch gewachsenen Strukturen. Die ambulante Phase-II-Rehabilitation befindet sich derzeit in allen Regionen noch im Aufbau. Hier stellen Akzeptanz und Nutzung wichtige Parameter für die zukünftige Entwicklung dar.

Wann kommt der nächste Reha-Plan?
Wir sind in Gesprächen mit dem Dachverband betreffend Zeithorizont und Inhalte eines neuen Reha-Plans. Der Planungshorizont des Reha-Plans 2020 ist bis 2025 ausgelegt. 

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