Die steirische Krankenanstaltengesellschaft KAGes startet als österreichischer Vorreiter mit einer Pflegelehre im Spitalssetting. Vorstand Gerhard Stark und Pflegedirektorin Eveline Brandstätter hatten lange mit der Idee gerungen, da Jugendliche erst mit 17 Jahren pflegerische Arbeit am Patienten verrichten dürfen, doch das Curriculum habe überzeugt. Vorerst starten vier Lehrlinge am LKH Graz II. Nach einer Evaluierung soll das Modell auf andere Standorte ausgeweitet werden.
Die vier Lehrlinge beginnen am 2. April ihre Ausbildung. Eine von ihnen ist die 15-jährige Lara Reisinger, die am Dienstag bei einer Pressekonferenz zusammen mit Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) vor die Medien trat. „Ich habe schon als Kind gerne mit Menschen zu tun gehabt und meine Schwester arbeitet auch in der Pflege“, sagte sie über ihre Motive. Sie hatte sich unter 49 Bewerberinnen und Bewerbern durchgesetzt. Soziale Kompetenz stehe im Mittelpunkt des Auswahlverfahrens. Diese werde in einem persönlichen Gespräch zu erkennen versucht, schilderte Birgit Großauer, die Pflegedirektorin des LKH Graz II. Ein Lehrlingstest ist ebenfalls nötig. Der laufende Auswahlprozess sei übrigens noch nicht abgeschlossen.
In den ersten beiden Jahren der Ausbildung bekommen die Lehrlinge einen Einblick in den Bereich Pflegedirektion und sie widmen sich monatlich wechselnden Themenbereichen. Stark nannte beispielsweise den gesamten Medikamentenbereich sowie eingesetzte Technik, die beherrscht werden muss. Hinzu komme die Arbeit am Modell sowie in Simulationen, um auch praktische Erfahrungen zu sammeln. Die Berufsschule sollen die jungen Frauen und Männer in Bad Radkersburg besuchen. Das Lehrlingseinkommen betrage je nach Lehrjahr zwischen 905 Euro und knapp 1.400 Euro, hinzu komme täglich ein gratis Mittagessen und die KAGes bemühe sich auch um Wohnmöglichkeiten, erklärte Ulf Drabek, Vorstand für Finanzen und Technik.
Drei Jahre Ausbildung
Die Pflegelehre dauert drei Jahre und nach Abschluss sind die jungen Menschen ausgebildete Pflegeassistentinnen und -assistenten. Sie können noch ein weiteres Jahr anhängen und berufsbegleitend die Pflegefachassistenz absolvieren. Ebenso ist eine Lehre mit Matura möglich, sagte Brandstätter und ergänzte: „Vor eineinhalb Jahren war ich noch gegen die Pflegelehre, aber nun bin ich überzeugt, dass die ersten beiden Lehrjahre eine gute Vorbereitung für den Patientenkontakt sind.“
Der Verlauf der ersten Monate der neuen Lehre will sich die KAGes genau ansehen, um sie dann auch auf anderen Standorten anbieten zu können. Allerdings sei es auch immer an die meist knappen Zeitressourcen der Ausbildnerinnen und Ausbildner gebunden. Bei ihnen handelt es sich um diplomierte Pflegekräfte, die ihr Wissen an die jungen Menschen weitergeben. Für Landesrat Kornhäusl ist es ein Pilotprojekt in der KAGes und er sei froh, dass die Spitalsgesellschaft den Schritt wage. Hintergrund ist vor allem der große Bedarf an Pflegekräften und die Erfahrung habe gezeigt, dass in den beiden Jahren zwischen Pflichtschulabschluss und dem 17. Lebensjahr viele junge Menschen andere Berufe wählen, weil die Möglichkeit für die Pflegelehre bisher nicht bestanden hat.
(APA/red.)