Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Rettungsleitstellen sollen sich in Notfallsituationen künftig durch Video-Telefonate ein besseres Bild der Situation verschaffen und so Ersthelfer besser unterstützen können. In einer Simulationsstudie, die aktuell in einem Wiener Einkaufszentrum durchgeführt wird, sollen so Vorteile und Herausforderungen der neuen Methode erforscht werden. Das gaben die beteiligten Organisationen in einer Aussendung bekannt.
Im Moment zeigen nur vereinzelte Studien, dass es mit der Möglichkeit eines Video-Notrufs deutliche Qualitätssteigerungen bei angeleiteten Wiederbelebungsmaßnahmen gibt. Allerdings sind einige Faktoren noch unerforscht, wie etwa die Auswirkung von Echtzeit-Video-Notrufen auf die Dauer des Telefonats, die korrekte Beschreibung des medizinischen Notfalls, aber auch die Akzeptanz der Technologie sowohl bei den Ersthelfern als auch bei den Mitarbeitern der Leitstellen. Diese noch offenen Fragen sollen in einer Simulationsstudie – eine Kooperation zwischen der Berufsrettung Wien, dem Verein PULS, dem Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety sowie der Medizinischen Universität Wien – nun geklärt werden.
Die Studie soll nun innerhalb von fünf Tagen untersuchen, wie 20 Leitstellenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter mit je zwei simulierten Video- und Audio-Notrufen umgehen, die von 80 freiwilligen Studienteilnehmern getätigt werden. Die bereits im Vorfeld vereinbarten – und simulierten – Notfälle werden von professionellen Schauspielern gespielt. Für die Video-Notrufe wird laut Aussendung eine webbasierte Anwendung zur Verfügung gestellt.
„Bei mehr als 1.000 Notrufen, die täglich bei der Leitstelle der Berufsrettung Wien eingehen, ist eine effiziente Abwicklung wichtig, um Ersthelferinnen und Ersthelfer bestmöglich zu unterstützen und gleichzeitig die Ressourcen des Rettungsdienstes optimal einzusetzen“, sagte Christina Hafner, Fachärztin an der Universitätsklinik für Allgemeine Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie der MedUni Wien und Leiterin der Forschungsgruppe „Telemedizin im Rettungsdienst“ am Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety.
„Für uns ist wesentlich, was die Ersthelferinnen und Ersthelfer im Rahmen des Gesprächs mit der Leitstelle sagen – zusätzliche Informationen sind für uns essenziell und können im wahrsten Sinne des Wortes Leben retten“, so Mario Krammel, Chefarzt der Berufsrettung Wien. Die Echtzeit-Telefonie könne sich entscheidend auf Effizienz und Effektivität der Hilfsleistungen auswirken. Insgesamt erreichten die Wiener Berufsrettung im Vorjahr über 395.000 Notrufe.
Besonders bei Wiederbelebungen könnte die neue Methode helfen. „Denn bei einem Herzstillstand sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit pro Minute um zehn Prozent, nach rund drei Minuten treten im Gehirn bereits erste nicht wiedergutzumachende Schäden auf“, hieß es von Sebastian Schnaubelt, Geschäftsführender Präsident Verein PULS. Wichtig sei vor allem, dass den Menschen die Scheu genommen werde, einzugreifen. Denn „nur Nichtstun ist falsch“, so Schnaubelt.
Die Simulationsstudie wurde im September und wird noch im Oktober dieses Jahres im Einkaufszentrum Q19 in Wien-Döbling durchgeführt. Die Ergebnisse sollen nach wissenschaftlicher Auswertung in den kommenden Monaten in einem Fachjournal publiziert werden.
(APA/red.)