Warten auf das digitalisierte Gesundheitssystem

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Autor: Scho

Bessere medizinische Versorgung, innovative Forschung, datenbasierte Gesundheitspolitik – in die Nutzung digitaler Gesundheitsdaten werden hohe Erwartungen gesetzt. Doch wie steht es um die Umsetzung eines durchgängigen digitalisierten Gesundheitssystems in Österreich tatsächlich? Die künftige Verwendung von digitalisierten Gesundheitsdaten und was der EU-Gesundheitsdatenraum bringt, wurde am Austrian Health Forum in Schladming diskutiert.

Mit der Schaffung des europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) sollen Gesundheitsdaten bald europaweit abrufbar werden. Durch die Verknüpfung der Informationen der nationalen Gesundheitssysteme soll es künftig möglich werden, dass eine Ärztin in Spanien die Krankengeschichte oder Testergebnisse einer Österreicherin am Computer abruft, um die richtigen Medikamente zu verschreiben. Oder eine spanische Touristin ihr Rezept in einer österreichischen Apotheke einlösen kann.

Der Europäische Gesundheitsdatenraum eröffnet aber auch neue Perspektiven für die medizinische Forschung, indem er eine datenschutzkonforme Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten aus der Routineversorgung für Forschungszwecke zur Verfügung stellt oder mehr Transparenz im Gesundheitssystem und eine bessere politische Entscheidungsfindung ermöglicht (Sekundärdatennutzung).

Dominique Sturz, Obfrau-Stellvertreterin des Patienten-Dachverbands Pro Rare Austria, brachte die Perspektive der Patientinnen und Patienten ein – insbesondere jener mit seltenen Erkrankungen: „Die Bereitschaft von Patienten mit seltenen Erkrankungen ihre Daten einzubringen, ist groß. Vor allem für die Verwendung ihrer Daten zur Er- und Beforschung ihrer Erkrankung, besserer Diagnosestellung, zum Einholen einer Zusatzexpertise. Wir haben uns jahrelang für den EHDS-Act eingesetzt. Jetzt müssen wir aber auch endlich den dafür auf nationaler Ebene notwendigen Austrian Health Data Space umsetzen“, forderte Sturz auf.

Sturz betonte auch die Wichtigkeit von „Transparenz über Ziele, Vorgaben, Ressourcen, Timelines“ innerhalb der österreichischen E-Health Strategie, denn die Bereitschaft, Daten zur Verwendung zur Verfügung zustellen, steige, „wenn Betroffene wissen, wofür es passiert und die Bereitschaft steigt auch, wenn die Betroffenensicht rechtzeitig eingeholt wird. Patienten wollen Kontrolle über ihre Daten und möchten vertrauen können, auf das, was mit den Daten passiert“, wie Sturz sagte.

Die angesprochene Digitalisierungsstrategie für das österreichische Gesundheitswesen sei in einem zweistufigen Prozesses entwickelt worden, erklärte Meinhild Hausreither, Sektionschefin im Gesundheitsministerium: Ende 2023 sei bereits Stufe 1 der nationalen e-Health Strategie abgeschlossen worden. „In Phase 2 ist das Papier breit diskutiert worden. Ende Juni soll es beschlossen und vorgestellt werden“, kündigte Hausreither an.

„Viele Weichen gestellt und viele Rädchen bewegt“

Die Entwicklung der Strategie bezeichnete sie als „Paradebeispiel für die Ermöglichung einer Partizipation aller“. „Es sind schon viele Weichen gestellt und viele Rädchen bewegt worden, denn es hilft nichts, wenn nur an einem Rädchen gedreht wird“, so die Sektionschefin. Wenn man eine Einigung erzielen will, dann brauche es auch „Kooperation und Kompromissbereitschaft und vor allem Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen“.

Arno Melitopulos, Leiter des Bereichs Gesundheitssystem & Qualität der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK illustrierte die aktuelle Datensituation. Es gebe zwar viele Daten, die aber in getrennten Datensilos liegen und noch nicht miteinander verknüpft werden können: „Zurzeit können wir den Patientenpfad noch gar nicht abbilden. Da müssen wir als nächsten wichtigen Schritte eine Datenauswerteplattform machen und auf den Boden bringen. Am Anfang vielleicht mit bestimmten Patientengruppen: Diabetiker zum Beispiel, weil wir wissen, dass hier der Nutzen sehr groß sein wird“, wie Melitopulos vorschlug.

Auch Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich Gmbh (GÖG) sah Verbesserungsbedarf: Es würde nach wie vor Vorbehalte zwischen den Systempartnern geben. Da müsse man die Angst nehmen: „Kooperation gelingt leichter, wenn Vertrauen existiert – und ein gegenseitiger Vorteil der Kooperation“, wie Ostermann hinwies. Er unterstrich die Wichtigkeit einer künftigen Zusammenführung der Gesundheitsdaten: “ Es gibt nur entweder Datensilos oder gemeinsame Daten. Dazwischen gibt es, glaube ich, nicht viele Lösungsmöglichkeiten. Das ist ein Paradigmenwechsel“.

(APA/red.)

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