Bis zum Jahr 2032 sollte jeder Mensch in Österreich zwei Lebensjahre mehr in Gesundheit verbringen. Das beschloss der Ministerrat 2012 als eines von zehn „Gesundheitszielen Österreich“. Tatsächlich hat sich die Gesundheitssituation jedoch verschlechtert. So hatte man laut Statistik Austria im Jahr 2019 im Alter von 65 Jahren durchschnittlich noch mit 9,75 gesunden Lebensjahren zu rechnen. 2014 lag dieser Wert bei 11,35 gesunden Lebensjahren.
Nationale und internationale Analysen führen dies unter anderem darauf zurück, dass der Anteil der Bevölkerung mit chronischen, nicht übertragbaren Erkrankungen – wie Adipositas oder psychische Erkrankungen – in Österreich hoch ist. Nach wie vor ist der Bedarf an zielgerichteten Präventionsmaßnahmen groß, so der Rechnungshof (RH).
Das Gesundheitsministerium verfolgte etwa das Ziel, zur Verbesserung der Ernährung von Kindern beizutragen. Die meisten Maßnahmen waren jedoch nicht verbindlich, kritisiert der RH. Aus seiner Sicht wäre auch die Wirkung der Absichtserklärungen und Brancheninitiativen zur Reduzierung des Zucker- und Salzgehalts in Lebensmitteln zu evaluieren. Bei Bedarf wären verbindliche Vorgaben zu prüfen und einzuleiten.
Mutter-Kind-Pass: 2019 erarbeitete Änderungen auch 2022 nicht umgesetzt
Angesichts der angekündigten Einführung eines neuen digitalen Eltern-Kind-Passes verweist der Rechnungshof darauf, dass die bereits bis 2019 erarbeiteten Änderungen des Mutter-Kind-Passes Ende 2022 noch nicht umgesetzt waren. Auch die Finanzierung war noch nicht final geklärt. Daher bekräftigt er seine Empfehlung, auf die zügige Umsetzung hinzuwirken. Auch dass die Bewegungsinitiative „Mach den ersten Schritt“ mit dem Ende der türkis-blauen Bundesregierung 2019 zum Stillstand kam, vermerkt der RH kritisch.
Einen Gesamtüberblick über die öffentlichen Ausgaben im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention ließ das Gesundheitsministerium zuletzt im März 2019 mit Daten des Jahres 2016 erheben. Demzufolge lagen die Ausgaben für Gesundheitsförderung und Prävention im Jahr 2016 bei 2,441 Milliarden Euro. Davon gab die Sozialversicherung den größten Teil aus. Der Rechnungshof empfiehlt dem Gesundheitsministerium, mit den Partnern der Zielsteuerung-Gesundheit eine nachhaltige Finanzierung für erfolgreiche Projekte der Gesundheitsförderung und Prävention zu sichern, die Mittel einer gemeinsamen verbindlichen Strategie zu unterstellen und so den zielgerichteten und abgestimmten Einsatz der Mittel aller Partner (Bund, Länder, Sozialversicherung) zu stärken.
In ihrem Bericht machen die Prüferinnen und Prüfer auf zahlreiche weitere Aspekte zum Thema Prävention aufmerksam: So versterben in Österreich rund 2.400 Menschen pro Jahr nach Ansteckungen mit Keimen in Krankenhäusern. Das sind sechsmal mehr Todesfälle als im Straßenverkehr. Durch entsprechende Hygienemaßnahmen würden sich 20 bis 30 Prozent der Todesfälle verhindern lassen. Zum Auftreten von Gesundheitssystem-assoziierten Infektionen im niedergelassenen Bereich verfügte das Gesundheitsministerium über keine Daten.
Datenmangel
Daten vermisst der Rechnungshof auch in weiteren Belangen: Das betrifft etwa die Durchimpfungsrate sowie aktuelle österreichweite Daten zum Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen. Weiters empfiehlt er, die Datenqualität zur Vorsorgeuntersuchung und die Berichte darüber zu verbessern, um die Erkenntnisse daraus für eine Steuerung der Gesundheitsförderung und Prävention nutzen zu können.
Das Gesundheitsministerium sah sich durch den Bericht in seinen Vorhaben bestätigt. Im Zuge der anstehenden Verhandlungen zum Finanzausgleich setze sich Minister Johannes Rauch (Grüne) für eine Integration der Präventions- und Vorsorgemedizin in die Regelfinanzierung ein, hieß es in einer Stellungnahme. Der Bericht des Rechnungshofes sei dafür eine wesentliche Unterstützung. Prävention und Vorsorge seien wesentliche Hebel, damit Menschen in Österreich gesund älter werden und das Gesundheitssystem nachhaltig finanzierbar bleibe. Weiters wurde auf zahlreiche Projekte zur Gesundheitsvorsorge und Prävention verwiesen, die sich gerade in der Umsetzung befänden.
NEOS-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler rief zur Zusammenarbeit auf. „Wir brauchen hier einen echten Schulterschluss aller Beteiligten im Gesundheitssystem und müssen endlich die versprochenen Reformen umsetzen. Denn die Programme zur Gesundheitsförderung, die von der Regierung bislang gestartet oder vorgelegt wurden, reichen bei Weitem nicht aus“, meinte sie.
Den gesamten Bericht finden Sie hier.
(APA, red)