Es waren drei herausfordernde Corona-Jahre für Lothar Wieler und das Robert Koch-Institut (RKI): Nun kündigt der RKI-Präsident seinen Abschied von dem Posten an. Wieler verlasse die zentrale Einrichtung für öffentliche Gesundheit des Bundes auf eigenen Wunsch zum 1. April. Das teilten das Bundesgesundheitsministerium und das RKI am Mittwoch gemeinsam mit. Demnach will sich Wieler „neuen Aufgaben in Forschung und Lehre“ widmen. Der Schritt sei in Einvernehmen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erfolgt, hieß es.
Lothar Wiele: Es sei ein „Privileg“ gewesen, „in dieser Krise an exponierter Position zusammen mit einem motivierten Team hervorragender Expertinnen und Experten arbeiten zu dürfen.“
„Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm habe ich über all die Jahre sehr geschätzt“, sagte der Minister laut Mitteilung. „Ohne Prof. Wieler wäre Deutschland deutlich schlechter durch diese Pandemie gekommen. Dafür möchte ich mich auch im Namen der gesamten Bundesregierung ganz herzlich bedanken.“ Wieler habe bei der Bewältigung der Pandemie „für das Land bleibende und herausragende Verdienste erworben“.
„Es war ein Privileg, in dieser Krise an exponierter Position zusammen mit einem motivierten Team hervorragender Expertinnen und Experten arbeiten zu dürfen“, sagte Wieler laut Mitteilung. Er dankte den RKI-Mitarbeitern für ihren „außergewöhnlichen Einsatz“ und ebenso den Gesundheitsministern, mit denen er habe zusammenarbeiten dürfen.
Wieler war in der Corona-Pandemie eine zentrale Figur in Deutschland. Insbesondere zu Beginn informierte er regelmäßig bei Pressekonferenzen über die Entwicklung – stets im Anzug referierte er etwa die Infektionszahlen. Zuletzt trat der 61-Jährige seltener öffentlich in Erscheinung.
Leitfigur & Feindbild für Corona-Maßnahmengegner
Für die Politik war er einer der wichtigsten Berater in Pandemiefragen. Für einige Gegner von Corona-Maßnahmen wurde er unterdessen zum Feindbild – ähnlich wie andere Wissenschafter, die einen vorsichtigen Kurs im Umgang mit Sars-CoV-2 vertraten. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Wieler im Oktober 2021, auch Morddrohungen hielten ihn nicht von seiner Arbeit ab. „Das Risiko hält mich aber nicht ab von meiner Pflicht. Solange ich Beamter dieses Staates bin, werde ich ihm verantwortungsvoll dienen.“
Das RKI gehört zum Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums. Diese Struktur war teils auch kritisiert worden. Wiederholt gerieten Wieler und das RKI unter politischen Druck und bekamen Kritik. Auch die Aussagekraft der vom RKI angegebenen Pandemie-Daten wurde immer wieder diskutiert.
Zum Verhältnis von Wieler und Lauterbach gab es immer wieder Spekulationen. In der Diskussion um die Verkürzung des Genesenenstatus Anfang 2022 hatte der Minister von einem „Kommunikationsproblem“ zwischen dem RKI und seinem Hause gesprochen. Es ging damals darum, dass diese Änderung durch das RKI vorher nicht angekündigt worden war. Viele Bürger verloren quasi über Nacht ihr Recht, in Restaurants, Bars oder in Fitnessstudios zu gehen. Zuvor hatte es auch vor Bund-Länder-Beratungen zu Corona-Maßnahmen Kritik am RKI-Kommunikationsstil gegeben.
„Kritikoffenen und diskussionsfreudig“
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Andrew Ullmann, bezeichnete Wielers Rückzug als „überraschend“. „Für ihn war es auch nicht immer einfach, vor allem die persönlichen Angriffe“, teilte er mit. Gleichzeitig forderte Ullmann eine Stärkung des RKI in der Zukunft. Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge, lobte Wieler im „Handelsblatt“ als „kritikoffenen und diskussionsfreudigen Gesprächspartner“. Der RKI-Chef stehe für eine wissenschafts- und faktenbasierte Pandemiepolitik.
Details zu den Zukunftsplänen Wielers wurden nicht genannt. Der Mikrobiologe und Tiermediziner war seit 2015 RKI-Chef. Für eine Übergangszeit werde sein Stellvertreter Lars Schaade den Posten übernehmen, hieß es. Auf Twitter verwendete das RKI das Stichwort #DankeWieler – zahlreiche weitere Nutzer schlossen sich im Laufe des Nachmittages an.
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(APA, red)