Projektorientierung in Gesundheits­organisationen – weniger Arbeitskreise, mehr Wirkung

Lesedauer beträgt 4 Minuten
Autor: Prinz, Horn, Herzog, Knoll, Sattelberger

Ein Fachbeitrag, erschienen im ÖGWK-Begleitbuch „Von Einsichten und Aussichten im Gesundheitswesen“, zu diesen Themen: Ambidextrie, Projektmanagement, Programmmanagement, PMO, Agilität, Komplexität, Zusammenarbeit.

In der heutigen Welt der Gesundheitsorganisationen ist der Einsatz von Projektmanagement-Methoden und -Werkzeugen zunehmend verbreitet. Die Projektorientierung bietet eine systematische Herangehensweise an die Lösung von komplexen Problemen und kann Organisationen in der Gesundheitsbranche befähigen, effektive und effiziente Lösungen zu finden. Eine Herausforderung dabei besteht darin, die Ambidextrie, das heißt die Fähigkeit, gleichzeitig effizient und flexibel zu bleiben, zu erhalten. Effizient bedeutet dabei, bestehende Kompetenzen zu nutzen und flexibel neue Methoden und Technologien zu entdecken. In diesem Artikel werden wir uns damit beschäftigen, was Projektorientierung in Gesundheitsorganisationen bedeutet und wie sie genutzt werden kann.

Was ist Projektorientierung?

Die Projektorientierung ist eine Methode, die auf die Umsetzung von Projekten als Mittel zur Bewältigung von Geschäftsherausforderungen aller Art setzt. Sie ist ein Ansatz, der darauf abzielt, anstehende Aufgaben in kleinere, überschaubare Schritte zu unterteilen und organisationseinheiten- bzw. disziplinenübergreifend systematische und effektive Lösungen zu finden. Ein Projekt ist definiert als eine zeitlich begrenzte, mit Ressourcen und Verantwortlichkeiten versehene Aktivität, die ein bestimmtes Ziel oder Ergebnis erreichen soll. Die zeitliche Einschränkung und die Definition eines konkreten Ziels sind wichtig, um den Erfolg eines Projekts messbar zu machen.

Projektorientierung in Gesundheitsorganisationen

In Gesundheitsorganisationen hat die Projektorientierung in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da sich hiermit sowohl kleine (z. B. die Umstellung einer Standardarbeitsanweisung auf einer Station) als auch große Herausforderungen (z. B. die Einführung eines kompletten Krankenhausinformationssystems) planbar, kalkulierbar und nachprüfbar meistern lassen. Dabei kann es sinnvoll oder sogar notwendig sein, ein größeres Projekt in mehrere kleinere Teilprojekte zu unterteilen, um eine gezielte stufenweise Abarbeitung der Aufgaben zu ermöglichen. Dies wird auch als Programm im Sinne des Projektmanagements bezeichnet.

Innerhalb der Organisation kann projektorientiertes Arbeiten zu einer Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen führen. Interdisziplinäre Teams, die aus Fachleuten unterschiedlicher Bereiche bestehen, können sich durch den Austausch von Ideen und Best Practice-Erfahrungen in ihrer Arbeit gegenseitig befruchten, was wiederum zu verbesserten Leistungen und besseren Ergebnissen führt. Zudem fördert die Projektorientierung einen Ausbau der Netzwerke innerhalb des Gesundheitsunternehmens wie auch außerhalb. Damit kann das Empowerment der Mitarbeiter:innen gefördert werden.

Um den Fokus auf die Patient:innen zu legen, können Gesundheitsorganisationen Projekte verfolgen, welche die internen Prozesse patient:innenzentriert und -orientiert gestalten. Diese können zu einer höheren Patient:innenzufriedenheit und nachfolgend zu einer besseren Reputation der Organisation beitragen.

Gesundheitsorganisationen, die rasch auf Veränderungen in ihrem Geschäftsfeld reagieren wollen, setzen auf eine projektorientierte Herangehensweise. Durch die Verwendung von Projektmanagement-methoden können sie schnell und effektiv neue Herausforderungen und Opportunitäten bewältigen und ihre Geschäftstätigkeiten anpassen.

Projektorientierung in der Praxis

Die Implementierung einer projektorientierten Herangehensweise in einer Gesundheitsorganisation erfordert einen klaren Plan und eine klare Strategie. Der erste Schritt besteht darin, die Fragestellung zu identifizieren und ein Projektteam zusammenzustellen, das aus passenden Fachleuten verschiedener Bereiche besteht. Als Erfolgsfaktoren haben sich die Ausbildung von Projektmanager:innen in den Organisationseinheiten und die Etablierung eines Projektmanagementbüros (PMO) erwiesen. Letzteres ist zuständig für das Aufsetzen und Ausrollen von Standards, die Überwachung der Teilprojekte, das Controlling und die Berichterstattung an die Programmleitung.

Das Team sollte dann eine detaillierte Projektplanung durchführen, die alle Aspekte des Projekts umfasst, einschließlich der Ziele, des Zeitplans, der personellen Ressourcen, der Verantwortlichkeiten und des Budgets. Während der Projektumsetzung sollte das Team regelmäßig den Fortschritt überwachen und auf Abweichungen reagieren, um sicherzustellen, dass das Projekt innerhalb der vorgegebenen Zeit, im Budget und mit den erwarteten Ergebnissen abgeschlossen wird. Dieser “Wasserfall-Ansatz” wird zunehmend von agilen Projektmanagementmethoden ergänzt, wie zum Beispiel Daily Stand-ups. Auch kommen zunehmend Methoden wie Scrum oder Kanban zum Einsatz. Ein hybrider Ansatz im Sinne von “Best of both worlds” ist aber genauso möglich. Projektorientierung in der Praxis im Gesundheitswesen kann sehr vielfältig sein und hängt stark von den individuellen Bedürfnissen und Herausforderungen der Organisation ab. Hier sind einige Beispiele für Projekte, die in Gesundheitsorganisationen erfolgreich umgesetzt werden können:

– Einführung neuer Technologien
– Reduktion von Wartezeiten
– Verbesserung der Patient:innenzufriedenheit
– Einführung von Best Practices: Standardisierung von Abläufen und die Einführung von Qualitätskontrollen
– Optimierung der Ressourcenverwendung
– Gestaltung von patient:innenzentrierten und -orientierten Prozessen, z. B. im OP

Zusammenfassung

Eine projektorientierte Herangehensweise ermöglicht eine patient:innenzentrierte, interdisziplinäre Zusammenarbeit, schnelle Anpassung an Veränderungen und eine systematische Herangehensweise an Problemlösungen mit hoher Energie im Team und höherer Managementattention. Eine klare Planung und Umsetzung von der Vorprojektphase über die konsequente Projektsteuerung mittels Koordination und Controlling bis zur Aufarbeitung der lessons learned nach Projektabschluss sind erforderlich, sodass die gewünschten Ergebnisse erreicht bzw. implementiert werden können. Durch die Verwendung von Projektmanagementmethoden und -werkzeugen kann eine projektorientierte Gesundheitsorganisation ihr Potenzial voll ausschöpfen und erfolgreich auf die Herausforderungen der Branche reagieren.

Das Vorwort der Herausgeberinnen Julia Bernhardt, Kathrin Bruckmayer und Lena Sattelberger zum Buchband „Von Einsichten und Aussichten im Gesundheitswesen“ aus der ÖGWK-Schriftenreihe

Laut sind sie, die Rufe nach nachhaltigen Lösungen. Lösungen, die meist die anderen bringen sollen. Lösungen für mehr Gesundheit, für den niederschwelligen Zugang zu Prävention und Versorgung, für ein effizientes und effektives Gesundheitswesen. Das alles in einer Zeit, in der Tempo und Druck stetig steigen, der Wohlstand sinkt und die Resilienz insbesondere in den letzten Jahren gelitten hat. Eines wird immer deutlicher: der bisherige „Fahren auf Sicht“ Ansatz kann nicht der richtige sein, wenn es um mehr gesunde Lebensjahre für uns alle geht.

„Unterwegs in ungewissen Zeiten – Klartext. Wissen. Standpunkte.“

So titelt der 13. Österreichische Gesundheitswirtschaftskongress und lädt 450 Expert:innen, Führungskräfte und Entscheidungsträger:innen aus Gesundheitseinrichtungen, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und öffentlicher Verwaltung als Teilnehmer:innen des Kongress ein, den notwendigen Veränderungen mutig zu begegnen.

Mut, den es brauchen wird, den auch wir als Begleiter:innen zahlreicher Veränderungen schon erleben durften. Veränderungen im Gesundheitswesen – disruptive wie sanfte, in einzelnen Organisationseinheiten, mehrere Gesundheitsdiensteanbieter:innen betreffend bis hin zu Sektoren übergreifenden Projekten, die an den Grundfesten unseres Gesundheitssystems rüttelten. Wir haben sie in allen Berufsgruppen und Hierarchieebenen gesehen: die Menschen mit Mut, Empathie, Durchhaltevermögen, Kompetenz und Weitblick.

Neben diesem Mut benötigt es noch etwas: die nachhaltigen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit können nicht von Einzelnen, sondern nur gemeinsam geschaffen werden. Kollaboration, interdisziplinäre, sektoren- und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit wird zum Schlüssel. Sie, geschätzte:r Leser:in dieser Schriftenreihe sind ein Teil dieser Menschen, die ihre Gestaltungsspielräume nutzen und unser aller Gesundheitszukunft positiv wie nachhaltig mitgestalten. Unsere Einsichten und Ausblicke sollen Sie dabei ein Stück weit unterstützen.

Infos zur ÖGWK-Buchreihe

Von Einsichten und Aussichten im Gesundheitswesen: Konzepte, Praktiken und Erfahrungen für Gesundheitsorganisationen, Schriftenreihe zum Österreichischen Gesundheitswirtschaftskongress, Band 2, Springer Verlag-GmbH in Kooperation mit
KPMG & SOLVE Consulting, Wien, 2023

SOLVE Consulting ist die größte Boutiqueberatung des Landes mit 100% Fokus auf das Gesundheitswesen. Ihr hochkompetentes und äußerst erfahrenes Team begleitet Gesundheitsorganisationen aller Sektoren und bietet praxisnahe Lösungskonzepte sowie einen ganzheitlichen Beratungsansatz, der durch moderne Methoden und begleitende Organisationsentwicklung unterstützt wird. SOLVE Consulting implementiert SOLUTIONS FOR HEALTHCARE mit dem höchsten Qualitätsanspruch. Für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Für #mehrgesundheit – auch für die nächsten Generationen.
Weitere Infos: solve.at

Als Verbund rechtlich selbstständiger, nationaler Mitgliedsfirmen ist KPMG International mit rund 273.400 Mitarbeiter:innen in 143 Ländern eines der größten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen weltweit. Die Initialen von KPMG stehen für die Gründerväter der Gesellschaft: Klynveld, Peat, Marwick und Goerdeler.
In Österreich ist KPMG eine der führenden Gruppen in diesem Geschäftsfeld und mit rund 2.000 Mitarbeiter:innen an neun Standorten aktiv. Die Leistungen sind in die Geschäftsbereiche Prüfung (Audit) und Beratung (Tax, Law und Advisory) unterteilt. Im Mittelpunkt von Audit steht die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen. Tax steht für die steuerberatende­ und Law für die rechtsberatende Tätigkeit von KPMG. Der Bereich Advisory bündelt das fachliche Know-how zu betriebswirtschaftlichen, regulatorischen und transaktionsorientierten Themen.
Mehr Infos unter: Healthcare – KPMG Austria

Die Autor:innen im Kurzporträt

Angela Prinz, BA MA
International (Project) Management, Leadership & IT

Angela Prinz, Consultant bei SOLVE Consulting, bringt ihre umfassende Expertise im Projektmanagement in die Betreuung verschiedener Projekte ein. Durch ihre Studiengänge in den Bereichen Projektmanagement und IT sowie International Management and Leadership hat sie eine tiefgehende Leidenschaft für diese Themen entwickelt. Mit höchster Motivation widmet sie sich der Betreuung von Kund*innen und trägt maßgeblich zum Erfolg der Projekte bei.

Johanna Horn MBA zPM
Projektmanagement und Leadership

Johanna Horn ist seit über 30 Jahren im Gesundheitswesen tätig und war davon zahlreiche Jahre im gehobenen Management mit hoher Personalverantwortung, u.a. am AKH Wien-Universitätscampus, tätig. Ihre fundierten Zusatzqualifikationen bringt sie im Rahmen ihrer Beratungsleistung von groß angelegten BO-Projekten, Organisationsentwicklungen und Einzelberatungen/Sparring mit Führungspersonen als Senior Consultant bei SOLVE Consulting ein.

Mag.a Petra Herzog zPM
Betriebsorganisationsplanung

Nach einer Ausbildung zur Biomedizinischen Analytikerin und einem Studium der Mikrobiologie begann Petra Herzog im Bereich der Beratung und Planung im Gesundheits- und Krankenhauswesen zu arbeiten und absolvierte berufsbegleitend eine postgraduelle Ausbildung in Krankenhausmanagement. Seit 1999 arbeitet sie als Senior Consultant mit dem Schwerpunkt Betriebsorganisationsplanung und Masterplanung bei SOLVE Consulting.

Mag. Martin Knoll zSPM
Projektmanagement und Betriebsorganisation

Martin Knoll studierte Handelswissenschaft an der WU Wien und ist seit 20 Jahren in Projekten im Gesundheitswesen tätig. Schwerpunkte sind dabei Krankenhausbetriebsorganisation, Implementierung von Krankenhausinformationssystemen und Strategieentwicklung. Aktuell ist er für den Bereich Strukturplanung und Finanzierung in der SOLVE Consulting zuständig.

Mag.a (FH) Magdalena Sattelberger zPM
Strategie, Steuerung, Veränderungsmanagement & Moderation für Gesundheitsorganisationen

Magdalena Sattelberger ist seit 2019 geschäftsführende Gesellschafterin und Principal Consultant bei SOLVE Consulting. Die studierte Wirtschaftswissenschafterin mit zahlreichen Zusatzausbildungen arbeitet seit knapp 20 Jahren für mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Ihre profunde Branchenkenntnis, umfassende Methodensicherheit und moderative Persönlichkeit machen sie zu einer favorisierten Partnerin von Gesundheitsorganisationen für die Begleitung von Veränderungsprojekten. Sie ist außerdem Co-Gründerin von SOLAR PLEXUS – Gestalter:innen der Gesundheitszukunft.

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