NÖ BASIS ZERT (Teil 1)

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: NÖ Landesgesundheitsagentur

Ausgangssituation und Ziel

Neben international anerkannten Qualitätsmanagement-Systemen ist es bei mehreren österreichischen Krankenhausträgern und auch international durchaus üblich, speziell an die Bedarfe der Stakeholder angepasste Qualitätsmanagement-Systeme (QM-Systeme) zu etablieren.

2020, mit der Neugründung der NÖ Landesgesundheitsagentur (NÖ LGA), wurden die Umsetzung der bestehenden Systeme, das EFQM-Modell in den Krankenanstalten und E-Qualin® in den Pflege- und Betreuungszentren mit externer Unterstützung evaluiert. Das Ergebnis zeigte eine sehr heterogene und teilweise nicht gelebte Umsetzung des QM-Systems an den Standorten der NÖ Krankenanstalten und den starken Wunsch nach einem QM-System, das bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommt, sowie die Forderungen nach klaren Vorgaben für die Umsetzung.

Um dem zu begegnen, wurde durch das strategisch-fachliche Qualitätsmanagement der NÖ LGA ab 2021 das NÖ BASIS ZERT erarbeitet. Das NÖ BASIS ZERT setzt, schon dem Namen nach, an der Basis an. Ein wichtiges Ziel ist, den Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Führungskräften vor Ort ein Verständnis für die Inhalte und die Bedeutung eines Qualitätsmanagements näherzubringen. Der Fokus liegt auf der NÖ-weiten Weiterentwicklung der Qualitätsarbeit auf Ebene der Organisationseinheiten. Das NÖ BASIS ZERT bewertet dabei nicht die medizinisch-pflegerische Ergebnisqualität, sondern hinterfragt das zielgerichtete und systematische Vorgehen in der Abteilung und die Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen und Hierarchien.

Qualitätsmanagement angepasst an die Bedarfe

Es ist den Organisationseinheiten weiterhin möglich, darauf aufbauend QM-Systeme wie z.B. ISO 9001 in den Abteilungen zu etablieren bzw. fortzuführen, es besteht aber keine Verpflichtung dazu (ausgenommen in Bereichen, in denen eine Zertifizierung oder Akkreditierung gesetzlich vorgeschrieben ist). Der NÖ BASIS ZERT Indikatorenkatalog dient hier als eine Art Checkliste zum „Pflichtteil“, d.h. wie bundesweite und interne Vorgaben, aber vor allem der Qualitätsmanagementgedanke „lebendig“ werden können und wie deren Umsetzung in der Praxis aussieht.

Mit Fachabteilungen der Zentrale sowie Expertinnen und Experten aus den Kliniken wurde in einem ersten Schritt ein Indikatorenkatalog für die bettenführenden Abteilungen und deren Schnittstellen in den Ambulanz- und Operationsbereich geschaffen. Dabei wurde u.a. auch stark auf österreichweite Vorgaben zum Gesundheitssystem, wie die Mindestanforderungen an QM-Systeme (1) der Bundeszielsteuerung, bundesweite Qualitätsstandards und -leitlinien (2), die im Rahmen der Zielsteuerung-Gesundheit veröffentlicht wurden, und auf bundesweite Vorgaben im Bereich der Hygiene (3) geachtet. Teilweise wurde auch auf berufsgruppenspezifische Anforderungen eingegangen, wie z.B. Anforderungen für die Akkreditierung einer Ausbildungsstelle von Fachärztinnen und Fachärzten durch die Österreichische Ärztekammer. Vorgaben aus Richtlinien der NÖ LGA und weitere interne, strategische Vorgaben wurden ebenso eingearbeitet. Daran anschließend wurden im Jahr 2022 Probeaudits an vier verschiedenen Standorten durchgeführt. Nach Einarbeitung der dabei gewonnenen Erkenntnisse erfolgte Anfang 2023 die finale Freigabe des NÖ BASIS ZERT Indikatorenkatalogs und der zugehörigen weiterführenden Dokumente.

Auditprogramm und aktueller Status

Im April 2023 konnte schließlich der erste dreijährige Auditzyklus gestartet werden. Bis März 2026 sollen in Summe 175 Audits an bettenführenden Abteilungen und Departments der 27 Klinik-Standorte der NÖ LGA stattfinden. Im ersten Jahr wurden bereits mehr als 60 Audits erfolgreich durchgeführt. Als Methode wurden neben einer Dokumentenprüfung Einzelinterviews gewählt. In bislang 626 Einzelinterviews wurden mit einem Anteil von 60 % mehrheitlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „Basis“ befragt, sprich Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonen sowie je nachdem auch Hebammen bzw. Angehörige therapeutischer Berufe. Der Fokus liegt hier bewusst auf der Ebene der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um deren Verständnis und Wissen zu Prozessen und Strukturen zu erheben. Circa ein Drittel der Interviews (36 %) entfällt bislang auf Führungskräfte (Stations- und Bereichsleitungen sowie Primarärztinnen und -ärzte). Kollegiale Führungen und Standortleitungen werden je Klinikum und Auditzyklus nur einmal interviewt. Jede auditierte Abteilung erhält im Anschluss an das Audit einen detaillierten Auditbericht, der vom Audit-Team in einer standardisierten Form verfasst wird. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Beschreibung der Stärken und der Hervorhebung von Best Practice Beispielen. Der zweite wesentliche Teil der Auditberichte besteht in der Verschriftlichung von Empfehlungen für Verbesserungspotenziale. Diese Verbesserungspotenziale werden im Nachgang in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Qualitätsmanagement des Hauses priorisiert und durch die Verantwortlichen vor Ort bearbeitet.

Interne AuditorInnen

Wer im Rahmen des NÖ BASIS ZERT als Auditorin oder Auditor tätig werden möchte, kann eine Fortbildung bei externen Anbietern absolvieren oder Träger-intern im Rahmen des Bildungsprogramms der NÖ LGA. Diese steht allen Berufsgruppen aller Hierarchieebenen offen. Die Fortbildung umfasst neben einem Theorieteil einen oder mehrere Praxistage, wo zunächst unter Supervision auditiert wird. Ziel ist, eine möglichst standardisierte, einheitliche Vorgehensweise zu gewährleisten und trotzdem eine flexible Gesprächsführung auf Augenhöhe zu ermöglichen. Dies wird durch ein Handbuch für Auditorinnen und Auditoren unterstützt, in dem sich neben ausführlichen Beschreibungen jedes Indikators auch Vorschläge für mögliche Fragestellungen im Audit befinden. Beim Verfassen des Auditberichtes wird von der Zentrale je nach Bedarf Unterstützung gegeben und alle Berichte werden zentral geprüft, freigegeben und versandt. Zur Abstimmung werden derzeit sechsmal jährlich online Ausrichtungstreffen zu verschiedenen Themen (z.B. Fragen zu einzelnen Indikatoren) angeboten.

Ein großer Vorteil des gegenseitigen Auditierens ist, dass auch die Auditorinnen und Auditoren stark davon profitieren, die Gegebenheiten an anderen Standorten kennenzulernen, bzw. dass Wissen direkt zwischen den Kolleginnen und Kollegen weitergegeben wird und sich so im Unternehmen verbreitet. Die erhobenen Best Practice Beispiele werden allen Standorten über einen SharePoint zur Verfügung gestellt.

1 Bundesministerium für Gesundheit, Mindestanforderungen an Qualitätsmanagementsysteme, Qualitätsarbeit im stationären und ambulanten/niedergelassenen Bereich, 2014.
2 Gesundheit Österreich GmbH, Qualitätsstandards, 22.04.2024.
3 PROHYG 2.0, Organisation und Strategie der Krankenhaushygiene (2014) und Qualitätsstandard Krankenhaushygiene (2015).

Fortsetzung: Lesen Sie hier Teil 2 in QUALITAS 3/2024

Kontakt:

Department strategisch-fachliches Qualitätsmanagement,
Abteilung Strategie und Qualität Medizin
sqm@noe-lga.at

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