„NÖ BASIS ZERT“ bezeichnet das NÖ LGA (Landesgesundheitsagentur) eigene Qualitätsmanagementsystem. NÖ BASIS ZERT orientiert sich einerseits an gesetzlichen Erfordernissen zu QM-Systemen und dient andererseits als Grundlage für (die Fortführung) der Qualitätsarbeit der NÖ LGA Organisationseinheiten. Details zur z.B. Entstehung des NÖ BASIS ZERT sind in Teil 1 nachzulesen. Im gegenständlichen Artikel werden u.a. bisherige Erkenntnisse und mögliches Weiterentwicklungspotenzial des NÖ BASIS ZERT erörtert sowie ein Umsetzungsbeispiel aus dem Landesklinikum Zwettl gegeben.
LK Zwettl, Kinder- und Jugendheilkunde, von links nach rechts: OA Dr. Karel Traxler, Primaria Dr.in Daniela Hofer, Stationsleitung DGKP Alexandra Wallner, Qualitätsmanagerin Magistra Marion Heinz.
Bisherige Erkenntnisse
Nach einem Jahr NÖ BASIS ZERT kann folgende Bilanz gezogen werden: An 26 von 27 Standorten der NÖ Landes- und Universitätskliniken hat mittlerweile mindestens ein NÖ BASIS ZERT Audit an einer bettenführenden Abteilung stattgefunden (inkl. Schnittstellen Ambulanz, OP etc.). Diese wurden mit 125 Auditorinnentagen abgewickelt und 62 Auditberichte wurden erstellt. Je Audit wurden im Schnitt zwei interne Auditorinnen (1) entsandt. Somit erfolgt durch das gegenseitige Auditieren ein Wissensaustausch zwischen den Standorten. Im selben Zeitraum haben 40 Personen aus unterschiedlichen Berufsgruppen mindestens einen Praxistag im Rahmen der trägereigenen Ausbildung zur internen Auditorin bzw. zum internen Auditor absolviert.
Bislang erfolgt noch keine klassische Konformitätsbewertung im Sinne eines „Bestanden“ oder „Nicht-Bestanden“ und es erfolgt auch keine Wertung oder ein Vergleich der Ergebnisse zwischen den Organisationseinheiten durch die Zentrale. Alle auditierten Organisationseinheiten erhalten durch den Auditbericht ein Feedback zu ihren aktuellen Stärken und Empfehlungen, wo Verbesserungspotenzial besteht. Es ist ein „Abholen“ der einzelnen Abteilungen auf dem jeweiligen Niveau und ein Heranführen an einen, innerhalb der NÖ LGA selbst auferlegten, Mindeststandard. Konkret wird der Erfüllungsgrad der insgesamt 80 Indikatoren vom Auditteam je Interviewpartnerin oder -partner (2) und anhand der vorgelegten Dokumente eingeschätzt. Die Summe dieser Beurteilungen wird in einer Auswertung zusammengeführt, welche als Basis für die Erstellung des Auditberichts dient. Wichtig bei der Berichterstellung ist, die tatsächlichen Schilderungen der Befragten in den Notizen des Auditteams zu beachten. Oftmals bedarf es einer qualitativen Analyse der einzelnen Antworten je Indikator, um eine qualifizierte Empfehlung abgeben zu können. Durchschnittlich wird bei 15 von 80 Indikatoren eine Empfehlung ausgesprochen. Die Ableitung und Umsetzung von Maßnahmen obliegt den jeweiligen Organisationseinheiten mit Unterstützung der Qualitätsbeauftragten des Standortes.
Je nach QM-Reifegrad bestehen unterschiedliche Voraussetzungen an den Organisationseinheiten. Gesamt betrachtet haben sich aber im ersten Jahr über alle Organisationseinheiten ähnliche Stärken und Verbesserungspotenziale herauskristallisiert, welche in der übergreifenden Auswertung und Analyse deutlich sichtbar werden. Für die Zentrale der NÖ LGA sind diese Informationen natürlich relevant und bieten ein Steuerungspotenzial. Beispiel: Die Bekanntheit der erhöhten Aufklärungspflicht für ein situatives ELGA Opt-Out bei bestimmten medizinischen Behandlungsfällen (3) und Beschäftigten des eigenen Unternehmens (4) ist nur teilweise gegeben. Im Verlauf des ersten Auditjahres wurde hier bereits eine signifikante Verbesserung sichtbar, die auf die Audittätigkeit im Rahmen des NÖ BASIS ZERT und weitere von der Zentrale gesetzte Maßnahmen zurückzuführen ist. So sank die Rate der Empfehlungen zum situativen ELGA Opt-Out von 76 % in den ersten sechs Monaten auf 59 % in der zweiten Jahreshälfte, betreffend das Wissen zu den Einschlusskriterien und der damit verbundenen erhöhten Aufklärungspflicht.
Seitens der Zentrale der NÖ LGA werden aktuell noch keine direkten Vergleiche im Sinne eines Benchmarking-Systems angestellt, jedoch ist eine solche Tendenz innerhalb der Standorte bereits bemerkbar. Zentral versucht man dies zunächst durch das Sammeln und Zur-Verfügung-Stellen von Best Practice Beispielen zu unterstützen. So gibt es beispielsweise nicht nur eine Vorlage für Mindestinhalte einer Abteilungsordnung, sondern auch konkrete Umsetzungsbeispiele aus bereits auditierten Organisationseinheiten, ganz nach dem Motto „man muss das Rad nicht neu erfinden“.
Herausforderungen
Die Zeit, die von den Teams jeder Organisationseinheit für ein Audit aufgewendet werden muss, wird immer wieder kritisiert, da sie vom laufenden Betrieb abgezweigt werden muss. Je Interview wird eine Stunde veranschlagt, pro Audittag werden durchschnittlich 10 bis 12 Personen befragt. Durch den allgemeinen Personalmangel ist es insbesondere für kleine Organisationseinheiten eine Herausforderung, die notwendige Anzahl an Interviewpartnerinnen und -partnern zur Verfügung zu stellen.
Weiters herrscht nach einem Jahr noch ein Mangel an Auditorinnen und Auditoren. Nicht alle intern Ausgebildeten werden auch tatsächlich im Rahmen der NÖ BASIS ZERT Audits tätig. Eine Honorierung ist vorgesehen. Jedoch fehlt es einerseits an Zeitressourcen (aktuell werden die meisten Audits mittels Überstunden absolviert), andererseits spielt auch die persönliche Eignung eine Rolle, ob jemand aktiv als Auditorin oder Auditor tätig wird. Mangels IT-Tool sind die Planung und Vorbereitung der Audits und die Erstellung des Auditberichts relativ aufwendig. Ein großer Teil der zentralen Ressourcen wird aktuell auch noch darauf verwendet, die Auditteams bei der Vorbereitung der Audits und beim Schreiben der Auditberichte zu unterstützen. Aber auch mit einem IT-Tool wird es weiterhin immer notwendig und sinnvoll sein, dass Auditberichte an zentraler Stelle gesichtet und qualitätsgesichert werden, um eine möglichst objektive, standardisierte Berichterstattung und Beurteilung zu unterstützen.
Während das Feedback zu den Auditberichten zum überwiegenden Teil positiv war und ist, gibt es natürlich auch hier kritische Stimmen. Nicht jede Führungskraft findet auf Anhieb einen konstruktiven Zugang zu allen Empfehlungen. Besonders bei den „heiklen“ Indikatoren z.B. zur positiven Fehlerkultur oder der durchgängigen Kennzeichnung des Operationsgebiets (auch ohne Möglichkeit einer Seitenauswahl) trifft das zu. Hier sind hohes Reflexionsvermögen sowie die Bereitschaft, sich im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses auf notwendige Veränderungen einzulassen, gefragt. Zu bedenken bleibt, dass ein Audit immer nur einen Teil der Realität abbildet, da es naturgemäß Stichprobencharakter hat. Es stellt demnach nur einen von vielen Bausteinen in einem funktionierenden Qualitätsmanagementsystem dar.
Umsetzung im Landesklinikum Zwettl
Das Landesklinikum Zwettl hat innerhalb des ersten Jahres alle sechs geplanten Audits am Standort absolviert. Auditiert wurden die Abteilungen Innere Medizin, Chirurgie, Orthopädie und Traumatologie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinder- und Jugendheilkunde mit den Schnittstellen zu den Ambulanzen und weiteren Organisationseinheiten wie z.B. der Endoskopie sowie die Anästhesie und Intensivmedizin inkl. OP-Bereich. Im Vergleich zu bestehenden Qualitätsmanagementsystemen hebt Andreas P. Lausch, Pflegedirektor der Waldviertler Kliniken Gmünd, Waidhofen/Thaya und Zwettl den praxisnahen Ansatz des NÖ BASIS ZERT hervor: „Die Auditorenkompetenz wird nicht ausgelagert, sondern vielmehr kompetenten organisationseigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugesprochen. Sie schaffen eine kollegiale Beratungsatmosphäre, moralisieren nicht, sondern geben vielmehr adäquate Optimierungstipps.“ Dieses positive Bild bleibt auch Daniela Hofer, seit Februar 2023 Primarärztin der Abteilung Kinder- und Jugendheilkunde mit Neonatologie im LK Zwettl in Erinnerung. Am 26. April 2023 fand dort das erste Audit statt. „Als ich davon im Februar erfuhr, war ich anfangs schon aufgeregt, noch dazu, weil ich ja damals erst wenige Tage die Abteilungsleitung innehatte. Doch zum Glück war die Angst vor einer prüfungsähnlichen Situation völlig unbegründet. Es war ein wertschätzendes, angenehmes Gespräch mit nachhaltigem Mehrwert für meine Abteilung.“ Qualitätsmanagerin Marion Heinz hat wesentlich dazu beigetragen, dass das NÖ BASIS ZERT so rasch und erfolgreich am Standort umgesetzt wurde. Sie ist den Herausforderungen dieses neuen Systems mit großem Engagement entgegengetreten: „Meine Aufgabe vor Ort besteht vor allem darin, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihren täglichen Beitrag zum Qualitätsmanagement-System bewusst zu machen und Führungskräfte bei der Umsetzung von qualitätssichernden Maßnahmen zu unterstützen und fachlich anzuleiten.“
Mit jedem durchgeführten Audit am LK Zwettl war ein positiver Trend bemerkbar. Die Führungskräfte wollten ein Feedback zu ihrer Arbeit und die Teams der Abteilungen waren froh, dass mit ihnen gesprochen wurde und sie so wertfrei zeigen konnten, was sie bereits gut umsetzen. Die Abteilungen profitierten nicht nur vom eigenen Audit, sondern auch von den Audits der anderen, Synergieeffekte wurden genutzt und Erkenntnisse geteilt. So wurde teilweise schon „vorgearbeitet“, bevor das eigentliche Audit überhaupt stattfand. Die Führungskräfte sind angehalten, die Auditberichte bzw. die Ergebnisse der Audits mit ihren Teams zu teilen, um so miteinander an den Verbesserungen zu arbeiten. Bei Verbesserungspotenzial, das in allen auditierten Abteilungen des Standortes besteht, wird gemeinsam an einer für das ganze Haus einheitlichen Vorlage und Umsetzung gearbeitet.
Ausblick
In einem nächsten Schritt soll ab 2026 mit der Version 2 des NÖ BASIS ZERT Katalogs eine Entwicklung hin zu noch konkreteren Bewertungen, welche auch die Grundlage für innerbetriebliche Vergleiche liefern soll, vorangetrieben werden. Zunächst ist und war es jedoch wichtig, alle Organisationseinheiten abzuholen und auf den gleichen Stand zu bringen. Im zweiten Auditzyklus wird der Fokus zunächst u.a. auf der Überprüfung des Umsetzungsstandes der in Zyklus 1 getätigten Empfehlungen liegen. Ebenso ist geplant, mehr „in die Tiefe zu gehen“, das Niveau weiter anzuheben. Es ist auch vorgesehen, schon vor dem Audit, die Gegebenheiten an der zu auditierenden Organisationseinheit zu betrachten, um beim Audit selbst bereits gezielter nachfragen zu können (vorab Übermitteln von definierten Unterlagen).
Langfristig soll das NÖ BASIS ZERT auf alle Bereiche der Krankenanstalten (Verwaltungsbereiche, Institute etc.) ausgeweitet werden, dazu braucht es jedoch auch entsprechende Ressourcen und Expertise. Während anfangs nicht nur seitens der direkt betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch Skepsis hinsichtlich NÖ BASIS ZERT herrschte, wurde mit fortschreitender Aktivität ein positiver „Drive“ ganz deutlich spürbar. Das Auditprogramm (d.h. welche Organisationseinheit wann auditiert werden soll) besteht zum überwiegenden Teil aus freiwilligen Meldungen. Auch aus den Reihen der Qualitätsmanagerinnen und Qualitätsmanager vor Ort in den Krankenanstalten kommen überwiegend positive Rückmeldungen zum NÖ BASIS ZERT, welches als gute Grundlage für deren vertiefende Arbeit vor Ort gesehen wird. Führungskräfte entwickeln vermehrt aktives Interesse, Qualitätsmanagement in ihrem Verantwortungsbereich aktiv voranzutreiben, und für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird der teilweise noch sehr abstrakte Begriff „Qualitätsmanagement“ durch das NÖ BASIS ZERT greifbarer.
Während der erste Auditzyklus in den bettenführenden Abteilungen inkl. Schnittstellen der Krankenanstalten bereits in vollem Gange ist, wird in den 49 Pflege- und Betreuungszentren der NÖ LGA derzeit mit einem eigenen Kriterienkatalog pilotiert. Hier sind z.B. neben den Audits auch Selbstbewertungen im Rahmen von moderierten Workshops in jedem Auditzyklus vorgesehen.
Aktuell laufen bereits die Vorbereitungen auf die Evaluierung des bestehenden NÖ BASIS ZERT Indikatorenkatalogs für die Krankenanstalten. Dazu werden für alle Indikatorenverantwortlichen – für jeden Indikator wurde eine fachlich verantwortliche Person festgelegt – Detailauswertungen der sie betreffenden Indikatoren zusammengestellt und Empfehlungen für ggf. notwendige Adaptierungen und Erweiterungen, je nach Erkenntnissen in den bisherigen Audits, ausgesprochen. Vereinzelt zeigt sich hier auch, dass es präzisere Vorgaben von Seiten der NÖ LGA braucht, weil die derzeitigen gesetzlichen oder internen Vorgaben zu viel Interpretationsspielraum zulassen. Ziel ist, NÖ BASIS ZERT und die betroffenen Organisationseinheiten mit dem Indikatorenkatalog V02 auf die nächste Qualitätsstufe zu heben.
1 qualifizierte MitarbeiterInnen der NÖ LGA auditieren an anderen Standorten
2 interviewt werden vorwiegend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Pflege, Ärzteschaft sowie deren Führungskräfte, Details siehe Teil 1
3 GTelG § 16 Abs. 2
4 GTelG § 14 Abs. 3a
Kontakt:
Department strategisch-fachliches
Qualitätsmanagement, Abteilung Strategie
und Qualität Medizin
sqm@noe-lga.at