Obwohl zum Zeitpunkt der Zulassung der meisten onkologischen Therapien wenig zu Dosierung, Dauer und zum optimalen Zeitpunkt der Verabreichung sowie der Verortung in einer gesamten therapeutischen Strategie bekannt ist, sind diese enorm kostenintensiv. Nun legt die European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) ein Konzept zur Optimierung onkologischer Therapien mithilfe unabhängiger akademischer Studien vor. Im Rahmen des „Cancer Medicines Forum (CMF)“ soll an Forschung zur Optimierung (statt Maximierung) von Krebstherapien gearbeitet werden und damit nicht nur der Zugang zu wirklichen Innovationen gewährleistet werden, sondern auch Wissen zur „De-Eskalation“ (Rückzug von unnötigen Therapien) mit deutlich geringeren Belastungen durch Toxizitäten und Kosten generiert werden.
Dazu ist es das Ziel, das Ecosystem der Krebsforschung im „Cancer Medicines Forum (CMF)“ zu vernetzen und entsprechende Fragestellungen für Firmen-unabhängige klinische Studien zu entwickeln und durchzuführen. Europaweite pragmatische RCTs (mit „realen“ Patientinnen und Patienten im Klinikalltag) und prospektive Registerstudien nach der Zulassung und vor einer definitiven Refundierungsentscheidung sollen den raschen Wissensgewinn unterstützen. Die europäische Forschungsförderung wird dabei – als weiteres Element der „Pharmaceutical Strategy“ – eine bedeutende Rolle spielen, diese länderübergreifenden nicht-kommerziellen Studien zu verwirklichen. Offene Fragen sind die nationale vs. supranationale Prioritätensetzung der klinischen Fragestellungen, die Sequenzierung unterschiedlicher Therapiestrategien (nicht nur pharmazeutische, auch chirurgische und strahlentherapeutische Interventionen finden Berücksichtigung) und die dafür validen Studiendesigns, der Zugang zu den Daten für öffentliche Entscheidungsträger und die Integration multidisziplinärer Perspektiven (u.a. Public Health) in den Erkenntnisgewinn.
Das „Cancer Medicines Forum (CMF)“ wurde im März 2022 in enger Kooperation mit der Europäischen Zulassungsbehörde EMA (European Medicines Agency) ins Leben gerufen und basiert auf dem von der EORTC publizierten Manifest (2019), das den angemessenen Einsatz von Behandlungen zur Optimierung der klinischen Ergebnisse individueller Patienten sowie die Erhaltung der öffentlichen Gesundheit und der Gesundheitsbudgets gleichermaßen betont. Nach der Initiative der European Society of Medical Oncology (ESMO), eine Skala zur Bewertung der Größenordnung des Nutzens von Onkologika (Magnitude of Clinical Benefit Scale/MCBS) zu entwickeln, ist das Engagement der EORTC, Wissen durch nicht-kommerzielle Studien zur Optimierung und De-Eskalation onkologischer Therapien zu generieren als weiteres Zeichen zu sehen, dass nicht nur aus Perspektive von HTA und Kostenträgern der tatsächliche Nutzen vieler Onkologika in Frage gestellt wird.
Referenzen:
• EORTC (2019): Manifesto for a new approach for better medicine in Europe. Establishing Treatment Optimization as part of personalized medicine development, https://carloscoelho.eu/pdf/diversos/manifesto-eortc.pdf
• Saesen et al. Advancing academia-driven treatment optimisation in oncology: Launch of the EMA Cancer Medicines Forum, Eur J Cancer. 2022 Jun;168:77-79. www.ejcancer.com/action
Autorin:
Priv.-Doz. Dr. Claudia Wild
Geschäftsführerin der HTA Austria –
AIHTA GmbH