Reha-Plan 2025: Wünsche an das Christkind

Lesedauer beträgt 4 Minuten
Autor: Michael Krassnitzer

Im kommenden Jahr läuft der alte Rehabilitationsplan aus. Die Wunschliste der Betreiber ist schon geschrieben: Sie fordern mehr Betten in den richtigen Regionen für die Problembereiche Psychiatrie, Neurologie sowie Bewegungs- und Stützapparat.

Der Rehabilitationsplan ist das Rückgrat des österreichischen Reha-Systems. In diesem zentralen Steuerungsinstrument finden sich die Bedarfsschätzung und die Angebotsplanung für die stationäre und ambulante Rehabilitation der Phase II. Alle fünf Jahre wird der österreichische Reha-Plan evaluiert und neu erstellt. Für den Rehabilitationsplan 2025 laufen derzeit die rechtlichen Abstimmungen und organisatorischen Vorbereitungen. Die ÖKZ hat sich daher umgehört, welche Nachbesserungen und Adjustierungen aus Sicht der Betreiber von Rehabilitationseinrichtungen vorgenommen werden sollten. Das Ergebnis: Es besteht offenbar ein großer Veränderungsbedarf.

Geht es nach den Betreibern, so gibt es zu wenig Betten für Rehabilitation in Österreich – zumindest in einzelnen Regionen und bei bestimmten Indikationen. „Der Bedarf an Rehabilitation hat in den letzten Jahren stark zugenommen“, bringt es Sven Thomas Falle-Mair, medizinischer und operativer Direktor von OptimaMed, auf den Punkt. Die Gründe dafür liegen einerseits an der wachsenden Anzahl von Einwohnern und der Konzentration des Bevölkerungswachstums auf bestimmte Regionen. Zum anderen hat sich die Bedeutung einzelner Indikationen geändert. „Das ist auch einer der Gründe, warum der Reha-Plan alle fünf Jahre erneuert wird“, erläutert Christian Köck, Vorstand der HCC Health Care Company.

Spuren der Pandemie. In den vergangenen fünf Jahren haben sich Indikationen für den Rehaplan stark verändert. Eine Umverteilung der Betten werde das Problem nicht lösen, meinen die Betreiber.

Drei Problembereiche

Es sind im Wesentlichen drei Bereiche, die den heimischen Gesundheitspolitikern Kopfzerbrechen bereiten sollten. Das ist zunächst einmal der Bereich des Bewegungs- und Stützapparates, in dem es derzeit zu langen Wartezeiten kommt, was auf einen Mangel an Betten hinweist. Aufholbedarf gibt es auch bei der psychiatrischen oder psychotherapeutischen Reha. Die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt ja seit vielen Jahren kontinuierlich an, zuletzt waren es die Covid-19-Pandemie und deren Nachwirkungen, die Spannungen am Arbeitsmarkt sowie die Teuerung, die sich bei vielen Menschen stark aufs Gemüt geschlagen haben.

Der dritte Problembereich ist die neurologische Rehabilitation. Auch hier müssen die Patienten sehr lange auf einen Rehabilitationsplatz warten. Je mehr Zeit ungenutzt zwischen dem Ende der Akutbehandlung und der neurologischen Rehabilitation verstreicht, desto geringer ist der Effekt der Reha. Im Bereich der Neurologie ist das Zeitfenster, in dem sich in der Rehabilitation optimale Ergebnisse erzielen lassen, besonders klein. Monatelange Wartezeiten sind daher für neurologische Patienten eine Katastrophe, von den daraus entstehenden Kosten für das Sozial- und Gesundheitssystem ganz zu schweigen.

Was tun? Für die Erstellung der Reha-Pläne ist die Gesundheit Österreich GesmbH (GÖG) zuständig. Daniela Reiter, zuständige Projektleiterin für Rehabilitation in der Abteilung Planung und Systementwicklung der GÖG, räumte im März des Vorjahres in einem ÖKZ-Interview ein, dass es „eine gewisse Notwendigkeit der regionalen Umverteilung“ gibt. In den Rehabilitations-Indikationsgruppen Bewegungs- und Stützapparat sowie Rheumatologie, bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und in der Indikationsgruppe Zentrales und peripheres Nervensystem gebe es Bedarf in den Versorgungszonen Ost (Niederösterreich, Wien und nördliches Burgenland) und West (Vorarlberg, Tirol), während in den Versorgungszonen Süd (Kärnten, Steiermark, südliches Burgenland) und Nord (Oberösterreich, Salzburg) ein Bettenüberschuss zu verzeichnen ist. Der Dachverband der Sozialversicherungsträger und die Pensionsversicherungsanstalt – der wichtigste Zahler auf dem Gebiet der Rehabilitation – waren zu keinem Gespräch mit der ÖKZ bereit.

Christian Köck betrachtet den Bettenmangel in erster Linie als Verteilungsfrage: „Die Anzahl der Betten muss in unterschiedlichen Regionen und Indikationen neu angepasst werden“, sagt er. Allerdings hält es der Gesundheitsmanager und -ökonom für unrealistisch, dass Betten aus einer Region mit einem Überangebot abgezogen und anderswo errichtet werden, wo zusätzlicher Bedarf besteht. „Die Erfahrung lautet: Wenn im Gesundheitswesen einmal etwas etabliert ist, bringt man es schlecht wieder weg“, seufzt er. Man könne aber sehr wohl über Veränderungen der Indikationsmischung in den einzelnen Einrichtungen nachdenken.

Falle-Mair hingegen ist überzeugt, dass es mit einer Verlagerung von Betten aus anderen Bereichen in die drei aktuellen Mangelbereiche allein nicht getan sein: „An einer möglichst raschen Ausweitung der Kapazitäten sowie der weiteren Zentrierung und Optimierung von Rehabilitationsstandorten insgesamt wird kein Weg vorbeiführen.“

Keine Flickschusterei. Sven Thomas Falle-Mair, Direktor des Reha-Betreibers OptimaMed, verlangt vom neuen Reha-Plan mehr als eine Verlagerung von Betten. Ein Ausbau der Kapazitäten werde in Anbetracht der wachsenden Nachfrage nicht ausbleiben können.

Kinder- und Jugendreha

Geht es nach den Betreibern, muss es auch im Bereich der Kinder- und Jugendrehabilitation zu Anpassungen im Rehabilitationsplan 2025 kommen. Zum einen konstatieren sie auch hier einen Mangel an Betten, was sich in langen Wartezeiten manifestiert. „Vor allem im Mental-Health-Bereich sollte aufgrund des aktuell zunehmenden Bedarfs dringend darüber nachgedacht werden, die entsprechenden Kapazitäten zu erweitern“, mahnt Falle-Mair.

Zum anderen haben sich bei der Planung der Kinder- und Jugendrehabilitation, die es in dieser Form in Österreich erst seit 2017 gibt, manche Annahmen als unzutreffend erwiesen. Es hat sich gezeigt, dass die Kinder und Jugendlichen oft wesentlich kränker und eingeschränkter sind, als dies in der Planung angenommen wurde. Auch die in der Planung vorgesehene Größe der Therapiegruppen von acht bis zehn Kindern kann in vielen Fällen nicht eingehalten werden. Das ist nicht wirklich erstaunlich: Ein dreijähriges und ein elfjähriges Kind, auch wenn sie dieselbe schwere Erkrankung haben, verfügen natürlich über ganz andere Fähigkeiten, Möglichkeiten und Interessen.

Weiters ist die Planung davon ausgegangen, dass die Eltern während der Rehabilitation die häusliche Pflege der Kinder übernehmen können. Das hat sich als völlig unrealistisch herausgestellt. „Die Eltern sind oft so erschöpft, dass sie das einfach nicht mehr schaffen“, erzählt Köck. Oft reichen Erschöpfung und Überlastung der Eltern so weit, dass sie selbst Therapie und Rehabilitation brauchen würden. Auch der notwendige Bedarf an Sozialpädagogen und Lehrpersonal wurde in der Planung unterschätzt. Während erwachsene Reha-Patienten in der Freizeit sich selbst überlassen werden können, brauchen Kinder eine altersentsprechende 24-Stunden-Betreuung. Dazu kommt, dass Kinder und Jugendliche, wenn nicht gerade Schulferien sind, Schulunterricht bekommen müssen. Eine Einrichtung für Kinder- und Jugendrehabilitation braucht also auch Lehrpersonal für die verschiedenen Altersgruppen – von Volkschul- über Mittelschul- bis zu Berufsschullehrern.

Auch wenn es insgesamt zu keinen Ausweitungen der Kapazitäten kommen sollte, muss trotzdem mehr Geld in den Bereich der Rehabilitation fließen. Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG), ein Zusammenschluss von 478 Trägern mit über 130.000 Reha-Betten, hat berechnet, dass aufgrund des massiv gestiegenen Kostendrucks heuer 61,5 Prozent der Reha-Kliniken in Deutschland ein Defizit zu erwarten haben. Ähnliches könnte auch in Österreich passieren. „In dieser Beziehung lässt sich der österreichische Markt durchaus mit dem deutschen vergleichen“, erklärt Falle-Mair: „Mit den derzeitigen Tagsätzen, die sich teilweise auf dem Niveau einer besseren Hotelübernachtung bewegen, sind die notwendigen medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Leistungen sowie die Hotelkomponente nicht dauerhaft finanzierbar.“ 

In die Spur kommen

Rehabilitation wurde in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten massiv forciert. Laut Statistik Austria erhöhte sich die Zahl der Rehabilitationen in Österreich von 52.341 im Jahr 1990 auf 149.077 im Jahr 2022 auf das fast Dreifache. Der Bericht der Spitalentlassungen 2021 – spätere Angaben sind öffentlich nicht verfügbar – verweist auf die steigenden Zahlen der psychischen Erkrankungen, die mittlerweile Rehabilitation notwendig machen (+21,6 % im Vergleich zu 2019, +29,1 % im Vergleich zu 2020). Erwähnenswert: Die Zahl der Rehabilitationen lag 2022 um 8.000 immer noch spürbar unter dem Höchstwert von 157.000 aus dem Jahr 2019. Das Niveau an Rehabilitationen vor der Pandemie wurde nicht mehr erreicht. Für 2023 liegen keine Zahlen vor. Der österreichische Rehakompass (rehakompass.goeg.at) listet aktuell 140 Gesundheitseinrichtungen (stationäre, ambulante sowie stationäre Kinder- und Jugend-Rehazentren) auf.

Quellen und Links:

Rehakompass Einrichtungen

Auch 2022 weniger Spitalsaufenthalte als vor der Pandemie

Zahl der stationären Spitalsaufenthalte 2021 leicht gestiegen

Gesundheitsversorgung stationär: Spitalsentlassungen