Bekenntnisse eines Leidenden. Eine Satire von Norbert Peter.
Geh bitte! Nein! So gerne hätte ich eine lockere Sommer-Kolumne geschrieben, in der sich nette Themen die Hand geben. Wie etwa über die Nurses4Vienna: Da werden Pflegekräfte in fernen Partnerhochschulen für den Wiener Gesundheitsverbund gesucht und auch auf unsere Eigenheiten vorbereitet. So heißen etwa Unterrichtsräume in Indonesien „Favoriten“ und „Alsergrund“. Damit erreicht man auch gleich eine emotionale Bindung. Man will ja vermeiden, dass sich die sorgfältig vorbereiteten Arbeitskräfte nach zwei Wochen in den Wiener Kliniken nach Scheibbs oder Oberwart absetzen. Ich würde vorschlagen, auch gleich kulinarische Trigger-Momente zu erzeugen. Die Ernährung könnte man langsam umstellen: Leberknödelsuppe, Sacherwürstln mit Kren und Burenwürschtln „mit an Siaßn und an Bugl“ sollten frühzeitig unverzichtbar werden.

Buch-Neuerscheinung:
F. Waltz, C. Schönhofer, N. Peter:
„Sunshine Killer. 9 Wiener Sommerkrimis“.
Echomedia Buchverlag, 2025
So harmlos hätte die Kolumne verlaufen können. Aber nein, ich muss mich an den Schreibtisch setzen und dort über menschliche Abgründe sinieren. Den Anlass für meine aktuelle Erregung fand ich im Internet – ja, ich weiß, auch das ist zutiefst menschlich. In diesem Fall hatte es mir eine Studie der englischen Universität Surrey angetan. Das Forschungsteam hatte eine Einrichtung in Dänemark gefunden, die sich kooperativ gezeigt hat: In zwei öffentlich zugängigen Toiletten wurde untersucht, ob sich Menschen nach dem WC-Gebrauch die Hände waschen würden. Dabei hat man sich nicht auf die Auskunft der WC-Gänger verlassen („Natürlich wasche ich mir die Hände nach dem Klo!!!!“, „Was bekomme ich dafür, wenn ich Ihnen die Frage beantworte? Sie wissen ja: Eine Hand wäscht die andere!“), sondern hat mit Sensoren gemessen, ob innerhalb von vier Minuten nach dem Spülen in der Toilette der Wasserhahn betätigt wurde. Also nicht ausschließlich, ob die Hände gewaschen wurden: Da wurden auch jene mitgezählt, die den Wasserhahn öffneten, um zu trinken. Oder auch jene, die ohnehin ständig damit rechnen, dass Sensoren ihr tägliches Treiben überwachen, und somit automatisch den Wasserhahn betätigen, um den Anschein von Hygiene zu wahren.
Zum Ergebnis: Hurra! Jeder Zweite, jede Zweite hat sich die Hände gewaschen! Nicht schlecht für ein Fußballstadion. Oder für ein Freibad. In dem ja noch hinzukommt, dass nicht für jedes Geschäft das Becken verlassen wird… Nur handelte es sich in unserem Fall um ein Krankenhaus. Patienten und Gäste hatten 2.636 mal gespült, aber nur 1.153 mal den Wasserhahn angedreht. Als wäre man nicht eh schon genug mit den Krankenhauskeimen und den langen Wartezeiten in den Ambulanzen gefordert!
Was also tun? Auf Aufklärung setzen? Oder gleich das Kärntner Modell anwenden: Mit Polizeihunden und Hubschrauber gegen Anstandsverletzer? Weil schließlich ist es nicht anständig, wenn man sich nach dem Klo nicht die Hände wascht…
Eine sehr böse Zunge, und zwar die eines römischen Kollegen, der seine Scherze vor über 2.000 Jahren trieb, behauptete, dass der Mensch dem Menschen ein Wolf sei: Homo homini lupus. Ich hätte gerne seinen Spruch geändert in „Der Mensch ist dem Menschen ein Schwein“. Nur habe ich dann (ebenfalls im Internet) gelesen, dass Schweine reinliche Tiere sind …
Der Mensch ist also dem Menschen… ein Mensch: Mal profitiert man von seiner sozialen Ader, ein anderes Mal infiziert er einen. Oder schlimmer. Denn – und hier beginnt die Werbung –: Der Mensch meint es nicht immer nur gut mit seinen Nächsten. Was mich dazu brachte, mich diesen Sommer in die Untiefen des menschlichen Daseins zu begeben. In der Krimi-Sammlung „Sunshine Killer“ darf ich einige davon offenlegen.

Norbert Peter
Kabarettist, Buchautor, Journalist
Peter & Tekal, medizinkabarett.at
Nächste Termine:
„Das Höchste Gut“ am 14. und 15.10.2025
im CasaNova, 1010 Wien, Beginn: 19.30 Uhr
