Teil des GPS-Systems im Gehirn arbeitet auch als Außen-Radar

Lesedauer beträgt 3 Minuten
Autor: Scho

Eine bestimmte Art von Zellen im Gehirn ist zentral an der Analyse der Lage des eigenen Körpers im Raum beteiligt. Wiener Psychologen zeigten nun in einer im Fachjournal „Nature Communications“ erschienenen Studie, dass diese sogenannten „Rasterzellen“ auch aktiv sind, wenn andere Menschen beobachtet werden. Daraus ergeben sich neue Einsichten in das menschliche Navigationssystem und möglicherweise zum Verlust von selbigem, wenn Menschen unter Demenz leiden.

Der Mensch sammelt ständig Informationen über die Lage seines Körpers im Raum – also woher man gerade kommt, welche Richtung eingeschlagen und in welche Richtung der Blick gerichtet ist. Dadurch wird eine Art Karte in unserem Gehirn aufgefaltet, die es erlaubt, sich auch durch Menschenmengen zu manövrieren, deren Zusammensetzung sich noch dazu dynamisch ändert, heißt es am Mittwoch in einer Aussendung der Universität Wien.

Die im entorhinalen Kortex, einem kleinen Teil des Schläfenlappens des Gehirns, gelegenen Rasterzellen „sind ein zentraler Bestandteil der selbstbezogenen Navigation, ob sie jedoch außerdem die Bewegungen anderer Menschen verfolgen, ist unklar“, schreiben die Wissenschafter um Isabella Wagner und Claus Lamm von der Fakultät für Psychologie der Uni Wien in ihrer Arbeit. Dies überprüften die Forscher in einem Experiment.

Aktivität des Orientierungsnetzwerkes nimmt ab

Dabei wurde bei sechzig Versuchsteilnehmern eine funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) gemacht, während sie in einer virtuellen Umgebung entweder selbst herumnavigierten oder einer anderen Person beim Manövrieren zusahen. Die Frage war, ob die Rasterzellen auch aktiv sind, wenn die Bewegungen anderer Menschen lediglich beobachtet wurden.

Tatsächlich war dem so. Die Wissenschafter zeichneten teils ähnliche Aktivitätsmuster in den Rasterzellen beim Beobachten auf. Darüber hinaus waren auch noch weitere Gehirnregionen in die Navigations- und Orientierungsprozesse eingebunden. Die Rasterzellen sind also auch an der Wahrnehmung der Pfade Anderer durch die Umgebung mitbeteiligt.

Je besser allerdings Testpersonen anderen Begehern der virtuellen Umgebung folgen konnten, desto geringer war die Aktivierung des neuronalen Orientierungsnetzwerkes. „Wir interpretieren das als größere Effizienz der Rasterzellen, die es weniger notwendig machen, auf diese Hirnareale zurückzugreifen“, so Wagner.

Da nun klar sei, dass sich diese Zellen gewissermaßen auch als Außen-Radar betätigen, wollen sich die Wissenschafter mit ihrer Leistungsfähigkeit weiter beschäftigen. Es ist nämlich bekannt, dass die Aktivität des Orientierungsnetzwerkes bei älteren und von Demenz betroffenen Menschen abnimmt. Auch die „Funktion von Rasterzellen nimmt mit dem Alter und bei Demenz ab. Das führt dazu, dass sich Personen nicht mehr zurechtfinden und die Orientierung beeinträchtigt ist“, so Wagner, die nun herausfinden möchte, ob die Zellen auch am Erkennen von Personen beteiligt sind – einer weiteren Kompetenz, die mit fortschreitenden Demenz abhanden kommen kann.

Die Studie finden Sie hier.

(APA/red.)

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