Die Verwendung von Testosteron-Medikamenten, zum Beispiel von Gels, bringt Männern mit sexueller Dysfunktion wenig bis gar nichts. Allerdings gibt es offenbar auch kein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko. Das ist das Ergebnis einer Studienanalyse des unabhängigen internationalen Cochrane-Netzwerkes zur Beurteilung von medizinischen Interventionen.
„Wenig bis kein Nutzen einer Testosteron-Ersatztherapie bei Männern mit sexueller Dysfunktion“, betitelte der Bochumer Experte Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie vor kurzem seine Darstellung des neuen Cochrane-Reports.
Die an der Analyse der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur beteiligten Experten des unabhängigen Netzwerkes hatten 43 Studien durchforstet. In ihnen war bei Männern mit erektiler Dysfunktion oder anderen Störungen und für ihr Alter zu niedrigen Testosteron-Werten im Blut der Einfluss einer Substitutionstherapie mit dem männlichen Geschlechtshormon untersucht worden: Testosteron oder Placebo, Testosteron im Vergleich zu Medikamenten wie Viagra & Co. (PDE-5-Inhibitoren), Testosteron plus PDE-5-Inhibitoren oder eines der „Potenzmittel“ allein.
Insgesamt dürfte der Testosteron-Ersatz kaum eine Wirkung haben, weder im positiven noch im negativen Sinn. Der deutsche Endokrinologe: „Kurzfristig (Zeitraum von weniger als einem Jahr; Anm.) hatte Testosterongabe keinen oder nur minimalen Effekt auf die erektile Funktion, sexuelle Lebensqualität und kardiovaskuläre Mortalität (Herz-Kreislauf-Sterblichkeit; Anm.), mit wenigen Nebeneffekten.“ Auch längerfristig – bei einer Behandlungsdauer von mehr als einem Jahr – sei die Wirkung unklar. Informationen zur Lebensqualität der Betroffenen fehlten.
Besonders wichtig ist, dass in solchen Fällen zumindest keine zusätzlichen Gesundheitsgefährdungen auftreten. Dazu zitierte Schatz in den medizinischen Kurznachrichten der deutschen Fachgesellschaft eine wissenschaftliche Untersuchung, die im vergangenen Jahr im „New England Journal of Medicine“ erschienen ist. Bei einer Testosteron-Substitution wurde immer wieder auf die Möglichkeit von vermehrten Herz-Kreislauf-Zwischenfällen hingewiesen.
5.246 Männer im Alter zwischen 45 und 75 Jahren mit Symptomen eines Testosteronmangels und erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren mit einem Testosteron-Gel oder einem Placebo-Gel 21 Monate lang behandelt worden. In einem Beobachtungszeitraum von 33 Monaten zeigte sich kein Unterschied bei der Häufigkeit solcher Erkrankungen (jeweils rund sieben Prozent). Allerdings kam es bei Hormonersatz öfter zu Vorhofflimmern des Herzens, Anzeichen für eine Nierenschädigung und Lungenembolien. Auch die Blutwerte für das Prostata-spezifische Antigen (PSA) stiegen an. Mehr Prostatakarzinome wurden aber unter der Behandlung mit dem Hormon nicht registriert.
Die Fachpublikation finden sie hier.
(APA/red.)