Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der zunehmenden Verbreitung einer bestimmten Mpox-Virusvariante in Afrika eine „Gesundheitliche Notlage internationaler Reichweite“ (PHEIC) erklärt. Diese höchste Alarmstufe hatte sie zeitweise auch wegen der SARS-CoV-2-Pandemie ausgerufen.
Eine ähnliche Entwicklung wie anfangs bei Corona droht jedoch nicht. Der Übertragungsweg beider Viren unterscheidet sich erheblich – und damit auch ihr Ansteckungspotenzial. SARS-CoV-2 wird hauptsächlich über winzige Tröpfchen in der Luft, also die Atemwege übertragen. Bei Mpox hingegen ist Haut-zu-Haut-Kontakt der hauptsächliche Übertragungsweg. Dabei geht es vorwiegend um engen Haut-zu-Haut-Kontakt beim Sex oder beim engen Umarmen, Massieren und Küssen, wie das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) erläutert. Ansteckungsgefahr besteht vor allem bei Infizierten mit Ausschlag, Wunden oder Schorf.
Allerdings ist Corona nur über einen recht kurzen Zeitraum übertragbar – Menschen mit Mpox hingegen sind erst dann nicht mehr ansteckend, wenn alle Wunden abgeheilt sind und sich eine neue Hautschicht gebildet hat. Das kann laut RKI mehrere Wochen dauern. Eine Mpox-Übertragung ist – seltener – auch über Sexspielzeug, Bettwäsche und Handtücher oder eine von einem Infizierten berührte Oberfläche möglich. In unmittelbarer Nähe eines Erkrankten kann auch eine Übertragung über Tröpfchen möglich sein.
Eine Schutzimpfung ist verfügbar. Sie reduziert das Risiko eines Krankheitsausbruchs und mildert den Krankheitsverlauf ab. In Afrika und anderen Ländern des globalen Südens hakt es aber mit der Versorgung mit solchen Impfstoffen. Das Nationale Impfgremium (NIG) in Österreich empfiehlt die Impfung in erster Linie nach Kontakt mit Infizierten (Postexpositionelle Prophylaxe). Zu neuen Impfstoffkandidaten laufen Studien etwa beim Unternehmen Biontech. Die aktuell zugelassenen Impfstoffe wurden ursprünglich zum Schutz gegen Menschenpocken entwickelt.
Mpox ist die Kurzform des englischen Wortes Monkeypox für Affenpocken. Das Virus war einst erstmals bei Affen beschrieben worden, daher der Name. Die WHO hat den neuen Namen festgelegt, weil die Bezeichnung Monkeypox als rassistisch und stigmatisierend wahrgenommen werden könnte und verschiedene Stellen gebeten hätten, die Erkrankung umzubenennen. Generell benennt die WHO inzwischen Krankheiten weder nach Tieren noch Ländern, in denen sie entdeckt werden, um Diskriminierungen vorzubeugen.
Das Mpox-Virus (MPXV) ist verwandt mit den klassischen Pockenviren (Variola-Virus) und den Kuhpockenviren. Es hat verschiedene Nagetiere in West- und Zentralafrika als natürliche Wirte. Affen und auch Menschen sind eigentlich sogenannte Fehlwirte, an die die Erreger weniger gut angepasst sind. Das Virus weist zwei genetische Kladen (I und II) auf. Das internationale Mpox-Geschehen seit Mai 2022 geht auf Klade IIb zurück. Ansteckungen mit dem Virus der Klade I hingegen wurden bisher ausschließlich in West- und Zentralafrika beobachtet.
14.000 Mpox-Verdachtsfälle
In diesem Jahr wurden bisher mehr als 14.000 Mpox-Verdachtsfälle und mehr als 500 Todesfälle aus der Demokratischen Republik Kongo und anderen Ländern Afrikas gemeldet – mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Experten zufolge ist das womöglich nur die Spitze des Eisbergs, weil nicht genügend getestet werde und nicht alle Infizierten zu Ärzten gingen.
In Schweden gab es nach dortigen Regierungsangaben gerade den ersten bestätigten Mpox-Fall der Klade Ib außerhalb des afrikanischen Kontinents. Die betroffene Person habe sich zuvor in Afrika aufgehalten. Die Entwicklung werde weiter aufmerksam verfolgt, besondere Infektionsschutzmaßnahmen für die Allgemeinheit seien zunächst nicht nötig, hieß es. Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC rechnet mit weiteren eingetragenen Fällen. Die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden Übertragung in Europa sei hingegen sehr gering, insofern importierte Fälle schnell diagnostiziert und Kontrollmaßnahmen umgesetzt würden.
Im Gegensatz zu den seit 1980 als ausgerottet erklärten Menschenpocken verlaufen Mpox-Infektionen beim Menschen in der Regel deutlich milder und heilen von alleine ab. Insbesondere bei Kindern und Menschen mit geschwächtem Immunsystem können aber auch schwere Verläufe und – selten – Todesfälle auftreten.
Pustel, Blasen, Ausschlag
Zu den Symptomen zählen Pustel, Blasen, Ausschlag oder eine Art Wunden im Genital- oder Analbereich sowie an anderen Stellen wie Händen, Füßen, Brust, Gesicht oder im Mund. Die Hautveränderungen können demnach sehr schmerzhaft sein. Hinzu kommen häufig allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, Frösteln oder Abgeschlagenheit. Die Symptome treten meist vier bis 21 Tage nach Kontakt mit Erkrankten auf. Die Therapie ist in erster Linie darauf ausgelegt, Symptome zu lindern.
Die WHO hatte im Juli 2022 bereits einmal eine Notlage wegen Mpox ausgerufen. Es hatte Klade-IIb-Fälle in dutzenden Ländern gegeben, auch in Österreich. Die Notlage wurde im Mai 2023 aufgehoben, weil die Ausbrüche in den meisten Ländern – auch dank Impfungen – unter Kontrolle gebracht wurden.
Bei der nun Sorgen bereitenden zentralafrikanischen Virusvariante (Klade I) treten offenbar häufiger schwerere Krankheitsverläufe auf als bei der westafrikanischen Virusvariante (Klade IIb). Gesicherte Angaben dazu gibt die Datenlage derzeit allerdings noch nicht her. Zudem wurde 2023 im Osten der Demokratischen Republik Kongo vermehrt die Klade Ib nachgewiesen, die nach WHO-Einschätzung auf eine weitere Anpassung des Virus an den Menschen hindeutet.
Aufruf zu erhöhter Wachsamkeit
Konkrete Folgen der höchsten Alarmstufe der WHO gibt es nicht. Die Weltgesundheitsorganisation will mit dem Schritt Behörden in aller Welt zu erhöhter Wachsamkeit bringen. Sie hofft zudem auf mehr finanzielle Unterstützung von Eindämmungsmaßnahmen in Afrika, etwa beim Kauf von Impfstoffen.
Chinas Reaktion war es, die Einreisekontrollen für Menschen aus betroffenen Ländern zu verschärfen. Wer aus Staaten mit Virusfällen einreise, mit Mpox in Berührung gekommen sei oder entsprechende Symptome verspüre, solle sich beim Zoll melden, hieß es. Die WHO empfiehlt keine Grenzschließungen als Reaktion auf das Virus.
(APA/dpa/red.)