VAMED: Der lukrative Abschied des Ernst Wastler

Lesedauer beträgt 2 Minuten
Autor: Josef Ruhaltinger

Ex-VAMED-Boss Ernst Wastler darf sich nach seiner Pensionierung über einen gesicherten Lebensabend freuen. Für seinen Abgang zahlt ihm Fresenius mehr als zehn Millionen Euro.

Der Linzer Ernst Wastler war ein Vierteljahrhundert lang Vorstandsmitglied des „weltweit führenden Gesundheitsdienstleisters“, so die über Jahre getrommelte Eigendefinition der Wiener Unternehmensgruppe VAMED. Davon bestimmte der promovierte Handelswissenschaftler 22 Jahre lang die Geschicke des Konzerns aus dem Chefsessel heraus. Der Vorstandsvorsitzende Ernst Wastler war Mr. VAMED.

Wastler hat das Unternehmen groß gemacht. In 42 Jahren war aus einer spontanen Rettungsaktion für den verfahrenen AKH-Neubau ein Gesundheitsdienstleister gewachsen, der in 98 Ländern der Welt 2,3 Mrd. Umsatz machte und zuletzt 20.200 Mitarbeiter beschäftigte. Und der zunehmend in finanzielle und strategische Schwierigkeiten gekommen war.

Ernst Wastler hatte der Unternehmensgruppe speziell in den letzten Jahren eine aggressive Wachstumsstrategie verordnet, die mehr am Auftragseingang als an der Profitabilität orientiert war. „Am Ende hatten wir nur mehr Stürmer am Feld und spielten ohne jede Verteidigung“, beschreibt ein Begleiter die „Alles oder nichts“-Haltung der späten Wastler-Jahre. Für jeden Bereichsleiter war essenziell, in den Vorstandssitzungen mit Zuschlagsmeldungen aufwarten zu können. Wenn sich Mitbewerber bei Projekten preislich besonders kompetitiv erwiesen, drängte Wastler, ein besseres Angebot zu legen. Dabei wurde von Best-Case-Szenarien ausgegangen. Risiken wie Streiks, Bauverzögerungen, Pandemien oder Kriege hatten in den Kalkulationen keinen Platz.

Der Vorstandsvorsitzende Ernst Wastler war Mr. VAMED. Er hat das Unternehmen groß gemacht.

Geschwisterliche Geschäfte

Insider legen den Kipppunkt des VAMED-Schicksals auf das Jahr 2018. Damals erwarb die VAMED das Reha- und Pflegegeschäft von Helios Deutschland. 38 Reha-Kliniken wanderten auf Wunsch des damaligen Fresenius-CEOs Stephan Sturm zu hohen Buchwerten in die Bilanz der VAMED. Die Ertragskraft der Reha-Einrichtungen hätten derartige Beträge „nie gerechtfertigt“, erinnert sich ein Beteiligter. Mit dem Deal hätten die Liquiditätsprobleme des österreichischen Konzerns begonnen.

Aus ehemaligen VAMED-Kreisen heißt es, dass sich die internationalen Projekte – anders als öffentlich dargestellt – im Rahmen der angenommenen Risikorange entwickelten. Die Millionengräber hätten sich in Deutschland aufgetan. VAMED Deutschland wurde von Ernst Wastler an der kurzen Leine geführt. Die dortigen Geschäfte ressortierten unmittelbar zum österreichischen CEO, der keinerlei Mitsprache duldete. Hauptauftraggeber von VAMED Deutschland war das Schwesterunternehmen Helios Gesundheit, Betreiber von über 80 Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen. „Die größten Verluste kamen aus Aufträgen des Fresenius-Unternehmens Helios“, heißt es in einem Schreiben an die ÖKZ.

Jahrelang wurden die VAMED-Verluste durch das interne Liquiditätsmanagement des Fresenius Konzerns verwischt. Die VAMED hatte nahezu unregulierten Zugang zu den Cash-Reserven des Konzerns. Erst durch personelle Wechsel im Fresenius-Management trockneten die Finanzflüsse aus – und wurden zum Gegenstand weitreichender interner Untersuchungen, die bis heute andauern. Fakt war: Die interne und externe Verschuldung der Österreicher stieg von Jahr zu Jahr.

Handshake in Platin

Im Oktober 2022 verdrängte Michael Sen den bisherigen Fresenius-Boss Stephan Sturm vom Homburger Chef-Sessel. Michael Sen agierte zu dem Zeitpunkt seit anderthalb Jahren als Geschäftsführer der Fresenius-Tochter und Biosimilar-Herstellers Kabi und war – wenn man dem Fresenius-Flurfunk glaubt – gut vernetzt mit seinem langgedienten Vorstandskollegen Ernst Wastler, der seit 2008 im Fresenius-Vorstand Sitz und Stimme hatte.

Die guten Drähte halfen wenig. Sen hat nach seinem Amtsantritt keine Gelegenheit ausgelassen, seine Unzufriedenheit mit der VAMED-Performance in die Welt zu tragen. Bei der Hauptversammlung im Februar 2023 machte der Fresenius-Chef gegenüber seinen Aktionären klar, dass er die VAMED nicht mehr zu den Kerngeschäften von Fresenius zähle. Spätestens zu dem Zeitpunkt wurden in der Wiener Zentrale die letzten Schlafenden geweckt. Ein eigenes Sanierungskonzept wurde entwickelt. Ernst Wastler glaubte daran, selbst den Turnaround managen zu dürfen. Er lag daneben.

Wastler, Jahrgang 1958, wurde am 18. Juli 2023 in Pension geschickt. Offiziell aus Altersgründen. Inoffiziell handelt es sich um den Beginn der Abwicklung der VAMED. Für Ernst Wastler ist der Start in den Lebensabend finanziell gesichert. Sein Arbeitgeber, die Fresenius SE & Co. KGaA, bedankte sich bei ihm für 39 Jahre Dienst mit Abschiedszahlungen von mehr als zehn Millionen Euro.

Die Summe besteht aus

  • der Abfertigung in Höhe eines Jahresbruttogehaltes (872.000 Euro)
  •  einer vertraglich vereinbarten Abfindung in Höhe von 1.599.000 Euro
  • der Auszahlung nicht genommener Urlaubstage in Höhe von 350.000 Euro
  • der Karenzentschädigung in Höhe von 63.000 Euro pro Monat, weil Herr Wastler mit einem sechsmonatigen Wettbewerbsverbot belegt wurde (378.000 Euro)
  • Nebenleistungen in einer Gesamthöhe von 40.000 Euro
  • Stock Awards für das Geschäftsjahr 2023 im Wert von 758.000 Euro
  • einer leistungsorientierten Pensionszusage in Höhe von 6.170.000 Euro
  • Für die Zeit von 1.1. 2023 bis 31.8.2023 gab es eine anteilige Grundvergütung von gesamt 567.000 Euro dazu

Unter den insgesamt sechs Top-Managern, die Fresenius im Berichtsjahr 2023 ins Ausgedinge schickte, erweist sich der Handshake für Ernst Wastler als der lukrativste.

Speed kills

Die Verkaufsbemühungen von Fresenius setzten ab Februar 2024 mit hoher Intensität ein. Hauptauftrag war Geschwindigkeit. Die Filetierung des Unternehmens in drei Teile wurde frühzeitig fixiert. Der Investor Georg Stumpf zeigte Interesse, mit seiner Firma Exyte die VAMED in ihrer Gesamtheit zu übernehmen. Auch die Uniqa zeigte sich bereit, ein Angebot für die gesamte VAMED-Gruppe zu legen. Beiden Interessenten wurde eine Due Diligence verwehrt. „Die wurden regelrecht verscheucht“, bemerkte ein Beobachter. Um Geld allein kann es bei der Verwertung nicht gegangen sein. Die 90 Millionen Euro, die von Porr und Strabag für sechs Thermen, die AKH-Betriebsführung und das österreichische Baugeschäft gezahlt wurden, gelten als Mezzie.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Mobile Intensivstation nimmt Fahrt auf

Mobile Intensivstation nimmt Fahrt auf

Am LKH-Univ. Klinikum Graz wurde ein österreichweit einzigartiges und hochspezialisiertes Fahrzeug von Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl und Superintendent Wolfgang Rehner gesegnet. Es handelt sich um die erste Mobile Intensivstation, mit der intensivmedizinisch betreute PatientInnen noch sicherer transportiert werden können.

Grundwehrdiener sollen sich ab nun für Stammzellenspende registrieren

Grundwehrdiener sollen sich ab nun für Stammzellenspende registrieren

Pro Tag erkranken laut dem Rotem Kreuz drei Menschen in Österreich an Blutkrebs. Eine Stammzellspende ist oft die einzige Überlebensmöglichkeit. Einen passenden Spender zu finden, ist aber schwierig, die Wahrscheinlichkeit liegt bei eins zu einer halben Million.