Alles wird gut

Lesedauer beträgt 2 Minuten
Autor: Norbert Peter

Bekenntnisse eines Leidenden. Eine Satire von Norbert Peter.

Claudia Tanner, die oberste Landesverteidigerin, hat verkündet, dass meine österreichische Welt heuer aus den Fugen geraten könnte. Ein alter Bekannter aus Jugendzeiten wird hervorgeholt: Der „Kalte Krieg“ wird gerade aufgewärmt. In des Teufels Küche stehen unter anderem Troll-Armeen, die unsere Demokratie mit Fake News destabilisieren wollen.

Darf man nicht unterschätzen, klar.

Aber.

Bei mir sind die Propagandisten an der falschen Adresse.

Ich kann nämlich sehr wohl unterscheiden, welche Meldungen wahr sein könnten und welche nur der Verleumdung unserer westlichen Hemisphäre dienen.

Der Faktenchecker in mir erkennt sofort die Falle, wenn mir auf TikTok ein Promi einreden will, dass er, als erfahrener Beirat milliardenschwerer Finanzkonstrukte, genau weiß, wohin ich 250 Euro überweisen muss, um innerhalb eines halben Jahres den Betrag auf satte 251 Euronen hochschnalzen zu lassen. Ist ja bekannt, dass die heimischen Girokonten Geldentwertungsmaschinerien sind.

Da setze ich meine Hoffnungen lieber auf die vakante Erbschaft eines verstorbenen Amethyst-Schürfers aus dem Waldviertel. Oder erwerbe ein landwirtschaftliches Grundstück entlang der Liliputbahn in Wien und warte darauf, dass eine künftige Prater-City demnächst die Umwidmung in Baugründe mit sich bringen wird. (Sie sehen: Diese Kolumne verschafft Insider-Wissen mit potenziellen Kollateral-Gewinnen.)

Auch weiß ich einzuordnen, wenn der Wohlfahrtsfonds der Wiener Ärztekammer den „Meinl am Graben“ von René Benkos Signa erwirbt. Den Mitgliedern soll auch in der Pension der Zugang zu den feinsten Köstlichkeiten gesichert werden. Positiv denkende Wohlfahrtsfondszahler wissen, das anderslautende Interpretationen nichts anderes als dreiste Versuche sind, Missgunst zu erzeugen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit entsteht dort eine Klinik, die sich ihrer sozialen Verantwortung für die gesamte Bevölkerung bewusst ist. Zu ebener Erde werden Obdachlose gratis medizinisch versorgt, finanziert durch Schönheitsoperationen am Bezirks-Klientel, die im ersten Stock durchgeführt werden. Der Nestroy hätte seine Freud! Und der Freud vermutlich auch seinen Nestroy, in seinem Buchregal in der Berggasse. Ja, die Wiener Seele will gepflegt werden…

Bis 2050 benötigen wir 200.000 frische Pflegekräfte im Land, heißt es in einer aktuellen Studie der GÖG. Natürlich sind auch diese „News“ durchsichtige Feind-Propaganda, um uns zu verunsichern. Weil wenn das wirklich der Fall wäre, hätte man ja längst alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das zu ändern.

Positives Denken ist gefordert! Auch ich schlage diesen Weg ein und ändere noch heute mein persönliches Mantra. Statt meines letztjährigen „Sind jetzt alle wahnsinnig geworden?“ murmle ich heuer stündlich ein „Alles wird gut“ vor mich hin.

Das ist natürlich auch gleich das Rezept fürs ganze Land, sozusagen das mentale Rüstzeug, um den Kanzler’schen Österreich-Plan umzusetzen. Wenn man zum Beispiel bedenkt, dass laut Gesundheitsbericht zwei Drittel der Menschen in Österreich an chronischen Krankheiten leiden, aber gleichzeitig an mehr und mehr Stellen das Gesundheitspersonal fehlt: Wir können die Krankheiten vielleicht nicht mehr behandeln, aber müssen die Kranken deswegen gleich darunter leiden? Mangelt es da eventuell nur an der richtigen Einstellung?

Hier ein paar gutgemeinte Mantras, um gut durchs Jahr zu kommen. Sie kosten unser Budget nichts:
„Hurra, wir leben noch!“
„Schmerzen lassen mich die Zeit intensiver erleben!“
„Ich muss öfter ins Casino gehen, damit ich mir Wahlärzte und Privatkliniken leisten kann!“  

Norbert Peter
Kabarettist, Buchautor, Journalist
Peter & Tekal, medizinkabarett.at

Nächste Termine:
„WechselWirkung“ am 7.4.2024 im Orpheum
(A-1220 Wien, Beginn: 19.30 Uhr) und
am 11.4.2024 im CasaNova
(A-1010 Wien, Beginn: 19.30 Uhr)