In Österreich machen Invaliditätspensionen aufgrund von psychischen Erkrankungen mehr als ein Drittel aller Fälle aus. Das Reha-Angebot für mentale Leiden kann die ständig steigende Nachfrage nicht befriedigen.
Psychische Erkrankungen betreffen eine immer größer werdende Anzahl an Menschen. Schätzungen zufolge sind hierzulande 1,2 Millionen Menschen psychisch krank, weltweit sogar fast eine Milliarde. Die Tendenz ist – vor allem seit der Corona-Pandemie – stark steigend. Sie sind häufig Ursache für Erwerbsunfähigkeit und vorzeitige Pensionierung in Österreich. Typische Krankheitsbilder sind Depressionen, Belastungs-, Traumafolge-, Angst- und Zwangsstörungen, somatoforme Erkrankungen (z.B. Schmerzstörung), Persönlichkeitsstörung oder Schizophrenie.
Psychische Erkrankungen sind auf den ersten Blick nicht sichtbar. Es sind stille Leiden. Tabuisierung und Stigmatisierung sind dabei regelmäßige Begleiter. Das Leid, das diese Erkrankungen verursachen, wird oft unterschätzt – eine Haltung, die sich lange in der heimischen Gesundheitspolitik niederschlug. Die gute Nachricht ist: Psychische Erkrankungen sind gut
behandelbar.
Wenn es nicht mehr hell wird. Burnout ist der mit Abstand häufigste Grund für eine psychiatrische Rehabilitation. Das Gute dabei: Professionelle stationäre Therapien können die bösen Geister nachhaltig besiegen.
Nachfrage übertrifft Angebot
Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für einen vorzeitigen Pensionsantritt. Eine gezielte, frühe Intervention soll den Erhalt der Erwerbsfähigkeit bzw. die Bewältigung des Alltags begünstigen. Und davon profitieren dann nicht nur das Pensions- und Krankenkassensystem, sondern der Mensch und seine Familie. Seit 2002 besteht in Österreich die Möglichkeit einer stationären psychiatrischen Rehabilitation. Kostenträger ist neben der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) auch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), die den Großteil der Kosten übernehmen. Menschen mit mentalen Erkrankungen sollen nach einer psychiatrischen Rehabilitation aus eigener Kraft ihren gewohnten Platz in der Gesellschaft bewahren oder wieder einnehmen können. Die soziale Teilhabe ist ein wichtiges Behandlungsziel genauso wie der Wiedereinstieg bzw. der Erhalt der Erwerbsfähigkeit.
Ein ausführliches Therapiegespräch mit dem zuständigen Facharzt steht am Beginn jeder Rehabilitation. In Abhängigkeit der Diagnose und des Schweregrads der psychischen Erkrankung wird ein auf den Patienten zugespitztes Therapiekonzept erstellt – wenn notwendig mit begleitender medikamentöser Behandlung. Die Aufenthaltsdauer richtet sich nach den Vorgaben der Kostenträger: In der psychiatrischen Rehabilitation (Kostenträger PVA) sind sechs Wochen festgelegt. In dieser Zeit soll durch Kombination verschiedener Therapierichtungen wie Physio-, Psycho-, Bewegungs- oder Ergotherapie die Gesundheit des Patienten Schritt für Schritt verbessert und eine grundlegende Stabilisierung erreicht werden. Regelmäßige Feedbackgespräche mit dem behandelnden Mediziner geben Aufschluss über den Therapieerfolg, der, je nach Fortschritt, adaptiert wird. Unabhängig von der Diagnose ist die Rehabilitationsfähigkeit eine wichtige Voraussetzung, um die Therapien erfolgreich zu absolvieren. Ein guter körperlicher und mentaler Allgemeinzustand, Eigenmotivation und der Wille, selbst mitzuarbeiten und mitzugestalten sind Grundvoraussetzungen, die der Patient leisten muss. Die meisten Therapieangebote werden in Gruppen abgehalten, somit ist auch die Gruppenfähigkeit des Patienten essenziell.
Die Nachfrage nach psychiatrischer Rehabilitation hält ungebrochen an. Der Personalmangel erweist sich derzeit als stärkstes Hemmnis. Dabei herrscht im Westen wie im Osten das gleiche Bild. Die Reha-Zentren – und nicht nur die Spezialisten für mental Health – sind ständig auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften. Hier kommt noch dazu, dass der erhöhte Betreuungsaufwand, der durch spezielle Eltern-Kind-Programme in der Kinder-Reha gegeben ist, das Problem noch verschärft. Die ursprüngliche Annahme, begleitende Eltern könnten einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen, erwies sich als falsch. Die Erziehungsberechtigten sind meist ebenso behandlungsbedürftig wie ihre Kinder. Selbst bei bewilligtem Antrag warten die Erkrankten mehrere Monate auf einen Therapieplatz.
Cooles Ambiente. Die Reha-Klinik Gars am Kamp (Betreiber Vamed) ist einer von 17 Reha-Standorten, in denen Erwachsenen mit
psychischen Erkrankungen geholfen werden kann.
Betreuung vor und nach der Reha notwendig
Psychische Erkrankungen sind chronische Erkrankungen. Ein einmaliger Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist bei vielen Patienten oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Behandlung vor und nach der Reha ist essenziell, damit kein Bruch passiert und die Patienten nachhaltig und vor allem langfristig begleitet werden.
Die Behandlung von Patienten darf mit dem Reha-Aufenthalt nicht enden: Eine Familie, deren älteste Tochter im Jugendalter Suizid begangen hat, war aufgrund dieses Ereignisses in eine Krisensituation geraten und zur Rehabilitation in eines der 18 Reha-Zentren für mentale Rehabilitation gekommen. Die Familienmitglieder litten an Anpassungsstörungen. Hier war es besonders wichtig, die Familie durch Einzel- und Gruppentherapien zu stabilisieren, in der Trauerbewältigung zu unterstützen und ihr wieder Lebensfreude zu vermitteln. Insbesondere der Mutter hat die angebotene Tagesstruktur viel Halt gegeben, erinnert sie sich. Die Familie hat sich auf die Einzel- und Gruppentherapien gut eingelassen und stabilisierte sich während des Aufenthalts. Wieder zu Hause wurde sie psychotherapeutisch und fachärztlich weiter betreut, eine Familienhilfe unterstützte im Alltag und der Vater kehrte wieder in seinen Beruf zurück.
Die Betreuung nach der Reha ist sehr stark davon abhängig, wie stabil der Patient ist. Viele können in ein bestehendes Netz zurückkehren, in dem die fachärztliche psychiatrische Versorgung gewährleistet ist, ebenso wie in eine Psychotherapie. Patienten, die keinen kassenärztlichen Psychotherapieplatz haben, müssen oft monatelang auf einen warten. Private Plätze sind leichter zu bekommen, dafür muss man aber auch tief in die Tasche greifen. Für den nachhaltigen Rehabilitationserfolg ein Desaster. Die Nachbetreuung entwickelt sich zum Bottle-Neck eines erfolgreichen Therapiekonzepts ebenso wie die Betreuung während langer Wartezeiten. Booster-Tage gelten als Wunschtherapie nach einem Reha-Aufenthalt: Das Erlernte kann korrigiert werden und Betreuer beobachten, wie der Patient im täglichen Leben zurechtkommt.
Quellen und Links:
Psychiatrisches Rehabilitationszentrum mit Eltern-Kind-Rehabilitation Wildbad