Unternehmer und Buchautor Mike Kaiser über das Pflegeheim der Zukunft und warum das Pflegesystem viel von einem Restaurant lernen kann.
Herr Kaiser, Sie haben selbst ein Pflegeheim gegründet und geführt, um danach ein Fast-Food-Restaurant im Franchise zu eröffnen. Waren die Gründungen so beliebig, wie es sich anhört?
Mike Kaiser: Die Ausgangspositionen waren sehr verschieden. Ich war mit meiner Co-Gründerin als Berater für eine Kommune tätig, die ein Pflegeheim errichten wollte und dabei auf größere Probleme gestoßen ist. Nachdem wir einige Dinge geradegerückt hatten, meinte der Bürgermeister, wir sollten das Haus in Eigenregie auch gleich betreiben. Und so kamen wir zu dem Pflegeheim fast wie die Jungfrau zum Kind. Ich war dann fünf Jahre an Bord. Der Einstieg in das Restaurant hatte in erster Linie familiäre Gründe. Es galt, den Betrieb meiner Schwiegereltern zukunftsfit zu machen.
Mike Kaiser ist Unternehmer und Autor von „Das Pflegeheim der Zukunft – Was die Pflegebranche von McDonald’s, Tesla und Buurtzorg lernen kann“. Im Jahr 2004 eröffnete er zusammen mit einer Co-Gründerin ein Pflegeheim mit 123 Betten. 2009 baute er einen Burger-King-Franchise-Betrieb auf. Heute ist er Berater sowie Geschäftsführer der LUCI GmbH, eine digitale Kommunikations-Plattform für Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft.
Was kann das Pflegesystem von einem Restaurant lernen?
Eine ganze Menge. Ich finde es bis heute faszinierend, dass in Franchise-Betrieben praktisch alle Prozesse chirurgisch minutiös durchorganisiert sind. Da ist jeder Arbeitsschritt komplett auf links gedreht, egal ob McDonald’s oder Burger King. Jeder Prozess ist unter Einbindung modernster Technologie optimiert und jeder dieser Schritte ist eng mit dem nächsten verzahnt. Die Produktivitätssteigerungen sind enorm.
Ein Pflegeheim ist keine Burgerbraterei …
Das Optimieren von Abläufen ist da wie dort das gleiche Ziel. Wichtig ist in der Pflege, zwischen Prozessen zu unterscheiden, die wertschöpfend sind und Prozessen, die der – ich nenne es mal – Systemerhaltung dienen und nicht wertschöpfend sind.
Was ist ein wertschöpfender Prozess in der Pflege?
Jede Interaktion zwischen Menschen ist im Bereich der Pflege wertschöpfend. Und dabei meine ich vor allem Tätigkeiten mit und für den Patienten. Die Unterscheidung ist wichtig, weil der Optimierungsanspruch in erster Linie für jene Prozesse gilt, die nicht wertschöpfend sind: Damit sind Abläufe gemeint, die im Hintergrund funktionieren, um die Dinge am Laufen zu halten. In genau diese Bereiche müssen wir nach den Grundsätzen der maximalen Automatisierung und Digitalisierung radikal eingreifen, um die Freiräume für die wertschöpfenden Prozesse zu vergrößern. Wir müssen die wenigen Mitarbeitenden, die wir haben, befähigen, am Ende mehr persönliche Zeit mit den Klienten zu verbringen.
Es heißt immer, wir müssen den Beruf der Pflegenden attraktiver und verlässlicher gestalten. Die Forderung kommt in Ihrem Buch nicht vor.
Ich bin völlig bei Ihnen, dass man in dieser Richtung viel verbessern muss. Diese Erkenntnis ist aber mittlerweile überall gewonnen. Da braucht es mich nicht als 51. Person von links, die die gleiche Fahne schwingt. Mir ist wichtig, Stellen aufzuzeigen, wo bislang noch nicht hingeschaut wurde. Ja, wir müssen den Beruf attraktiver und interessanter machen. Aber wenn wir nicht gleichzeitig auch das andere tun, dann nutzt uns alles nichts.
Welchen Stellenwert haben Innovation und Technologie in diesem Optimierungskonzept?
Es gibt viele, die meinen, der abstrakte Begriff der Digitalisierung werde alle Probleme lösen. Motto: Wir kaufen uns ein Tool und alles ist gut. Aber in vielen Fällen wird nicht verstanden, dass ein digitales Werkzeug nur dann zielführend funktioniert, wenn die Prozesse im Haus darauf abgestimmt sind. Ich muss Dinge anpassen, um digitalisierte Abläufe anstoßen zu können. Und gleichzeitig gilt es, in der Klinik oder im Pflegeheim ein gewisses Mindset zu schaffen, um technische Innovation nutzbringend einzusetzen. Wenn die Menschen nicht mitgehen, dann kann ich den Einsatz der digitalen Tools vergessen. Und das können wir von den Burgerbratern lernen: Wenn wir die richtigen Faktoren miteinander vernetzen – in meinem Buch steht, welche ich meine – und die Prozesse effizient gestalten, dann bin ich felsenfest davon überzeugt, dass wir in der Pflege gigantische Fortschritte machen können.
Freier Download. Das eBook
„Das Pflegeheim der Zukunft“ ist kostenlos
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