Die Salzburger Baumanagerin Martina Jastrinsky erklärt, warum Klinikbauten die Tendenz haben, im Laufe der Bauzeit ein Eigenleben zu entwickeln und wie professionelles Baumanagement die Mehrkosten im Zaum hält.
Frau Jastrinsky, wie groß ist der Unterschied, wenn man eine Klinik baut und wenn man eine Schule baut?
Martina Jastrinsky: Riesig. Die Errichtung eines Krankenhauses ist sicher am oberen Ende der Schwierigkeitsskala des Bauens anzusiedeln. Klinikprojekte sind besonders anspruchsvoll – nicht nur wegen der Technik, sondern auch wegen der Rahmenbedingungen. Schließlich geht es immer um Menschen und deren Gesundheit. Der Bau eines Spitals auf der grünen Wiese ist in unserem Geschäft die absolute Ausnahme. Denn das ist in gewisser Weise einfacher. In der Regel haben wir es aber mit Umbauprojekten und Erweiterungen zu tun.
Was macht den Unterschied?
Bei einem Neubau brauche ich nicht auf einen laufenden Klinikbetrieb zu achten. Wenn es um eine Sanierung, einen Umbau oder eine Erweiterung geht, läuft neben dem Baubetrieb der Klinikbetrieb weiter. Dabei bekommen wir es mit Themen der Hygiene, der Sicherheit und der schwierigen Logistik zu tun. Da braucht es eine Sensibilität. Erfahrung und Wissen, wie so ein Klinikbetrieb tickt, sind essenziell. Dazu kommt, dass sich die medizinischen Anforderungen laufend ändern.
Wie macht sich dies beim Bauen bemerkbar?
Die Komplexität nimmt zu. Durch den rasanten Fortschritt in der Medizin werden die Anforderungen spezifischer. Und sie verändern sich schneller als früher. Von der ersten Projektidee über die Entwicklung des Projektes bis zum Vorliegen eines Finanzierungsbeschlusses für das Projekt vergehen meist Jahre. In dieser Zeit entwickelt sich die Medizin heute deutlich weiter. Ich habe aktuell ein Projekt, wo mitten in der Planung aus zwei OPs einer gemacht wurde, weil man mittlerweile mit dem Thema Robotik ganz anders umgeht als noch vor drei oder fünf Jahren. Auf solche Entwicklungen müssen wir flexibel reagieren.

Die Bauingenieurin und Juristin Martina Jastrinsky ist Geschäftsführerin des Salzburger Unternehmens Jastrinsky Baumanagement plus.
Würde man heute noch eine Klinik bauen, wo die Fenster nicht zu öffnen sind?
Kommt darauf an, von welchem Gebäudeteil wir reden. In OP-Geschossen ist es undenkbar, Fenster öffnen zu wollen. Gleiches gilt für Laborflächen. Völlig anders liegt der Fall bei Patientenräumen und Bettengeschossen, wo Licht und Luft wichtig sind. Insgesamt haben helle Räume, die gut durchlüftet sind, in der Planung eine hohe Priorität. Es geht ja nicht nur um das Patientenwohl, sondern auch um die Mitarbeiter. Die Perspektiven, die es zu berücksichtigen gilt, sind heute vielschichtiger.
Das müssen Sie erklären.
Heute geht es verstärkt um die Arbeitsbedingungen des Personals. Ein Arbeitsraum, in dem sich Mitarbeitende länger als zwei Stunden aufhalten und der nur durch zwei geschlossene Glasscheiben den Blick ins Freie erlaubt, ist schon ein Fall für das Arbeitnehmerschutzgesetz. Die gesetzlichen Vorgaben sind viel strenger geworden. Aber es geht nicht nur um Gesetze. Arbeitgeber wissen heute, dass sie dem medizinischen und pflegerischen Personal ein professionelles und angenehmes Arbeitsumfeld bieten müssen. Es geht darum, Räume zu schaffen, in denen sich Mitarbeitende wohlfühlen – das wirkt sich auch auf die Arbeitsqualität aus.
Eine Klinik ist heute ein in Mauern gefasster Serverpark. IT spielt eine enorme Rolle im Betrieb. Wie stark beeinflussen die Anforderungen der Digitalisierung den Bauprozess?
Sehr. Planung muss heute viel flexibler angelegt sein. Man muss Räume so konzipieren, dass Nutzungen verändert, später noch Kabel nachgezogen oder Geräte ausgetauscht werden können. Wir überlegen, wie die Großgeräte der Medizintechnik in den Räumen installiert werden und ob man Fassaden in 20 Jahren problemlos öffnen kann, um Großtechnik nachzurüsten. Die Technik entwickelt sich so schnell, dass wir dafür Vorkehrungen treffen müssen – bis hin zur Überlegung, wie man in 30 Jahren ein Notstromaggregat austauscht.
Auch Logistik ist in Kliniken ein großes Thema. Wie geht man damit im Bauprozess um?
Ja, ganz stark. Automatisierte Transportsysteme brauchen aber sehr, sehr viel Platz. Selbstfahrende Logistikroboter brauchen spezielle Gangsysteme, eigene Ladestationen. Die Infrastruktur dafür ist teuer und lohnt sich nur bei Neubauten auf der grünen Wiese. Bestehende Baustrukturen lassen sich für den Betrieb dieser unbemannten Transportfahrzeuge nicht sinnvoll umrüsten – das bleibt dann bei klassischen Versorgungswagen.
Welche Phase eines Bauprojekts ist am heikelsten?
Die Planungsphase. Sie ist die wichtigste und wird gleichzeitig oft unterschätzt. Wenn dort sauber gearbeitet wird, läuft die Bauphase deutlich ruhiger. Das ist meines Erachtens auch die größte Stolperfalle für Bauherren. Wer zu viel Druck macht und Planungsschritte überspringt, muss viele Änderungen in der Bauphase in Kauf nehmen. Und das bedeutet Mehrkosten. Ungeduld der Bauherren führt oft später zu Situationen, die teuer werden können. Ich plädiere immer dafür, in die Planungsphase genug Zeit zu investieren.

Alles neu im Pongau.
Der Neubau des Bauteils E des Kardinal Schwarzenberg Klinikums in Schwarzach ist das aktuell größte Klinik-Investitionsprojekt im gesamten Salzburger Süden. Bauvolumen: 77 Mio. Euro. Baumanagement:
Martina Jastrinsky.
Die Baukosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Von den ersten Kostenschätzungen bis zur Inbetriebnahme einer Klinik vergehen zehn Jahre. Wie fängt man die Kostensteigerungen ab?
In der Regel weiß man um die Höhe der zu erwartenden Kostensteigerungen und plant diese ein. Bauherren legen dafür Reserven in den Budgets an. Unangenehm wird es, wenn Ausnahmesituationen wie 2020 eintreten, in denen im Zuge der Pandemie die Kosten explodiert sind. Diese Rücklagen hatte niemand auf der Rechnung. Aber grundsätzlich geht es darum, eine vollständige Kostenschätzung mit realistischer Terminplanung zu hinterlegen. Man muss alle Schnittstellen zwischen Planern exakt klären und Reserven vorsehen – für Inflation, Änderungen und Unvorhergesehenes. Eine realistische Planung macht vieles beherrschbar.
Kommt es vor, dass Sie sagen müssen: „Wenn Sie das wollen, wird es teurer!“?
Ja, regelmäßig. Dann stellen wir Varianten gegenüber – Best Case und Alternative – und diskutieren mit dem Bauherrn, wo Prioritäten liegen. Wenn etwas unbedingt gewünscht ist, zeigen wir auf, wo man andernorts einsparen kann. Das ist Teil unserer Steuerung.
Werden Sie bei politischen Bauherren öfter mit unvorhersehbaren Eingriffen konfrontiert?
Wir sind nicht so nahe an der Politik. Wenn ein Projekt vom Land genehmigt ist, gibt es ein Budget. Solange wir das einhalten, ist die Politik nicht im Detail involviert. Wichtig ist aber, dass wir belegen können, dass das Geld sparsam und sinnvoll verwendet wird – auch bei teureren Maßnahmen mit langfristigem Nutzen.
Spürt man aktuell Zurückhaltung bei neuen Klinikprojekten?
Ja, es gibt Unsicherheit – etwa bei der Frage, ob kleine Häuser geschlossen werden sollen oder nicht. Da geht es um Versorgungsqualität, aber auch um Ängste: lange Wege, Verlust der Selbstständigkeit, wirtschaftliche Folgen für Gemeinden. Das bremst viele Entwicklungen aus. Die Richtung ist unklar, die Zukunft des Gesundheitswesens steht auf wackeligem Fundament.
Wenn ich an Baumanagement denke, stelle ich mir jemanden vor, der Pläne der Architekten umsetzt. Ist das zu kurz gedacht?
Ja, das ist deutlich zu kurz gegriffen. Idealerweise sind wir schon bei der ersten Projektidee eingebunden. Wir helfen dem Bauherrn herauszufinden, was er braucht, wie er es finanzieren kann, was es kostet und wie lange es dauert. Dann beraten wir bei der Einladung der Planer – von Architekten bis Statiker und Bauphysiker – und schreiben diese Leistungen im besten Fall gleich aus. Gerade bei Klinikprojekten ist diese frühe Organisation entscheidend.

