In Deutschland sind dieses Jahr deutlich mehr Menschen an Masern erkrankt als in den vergangenen Jahren. Bis Donnerstag der Vorwoche wurden rund 550 Fälle an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Die überwiegende Mehrheit der Infizierten sei ungeimpft gewesen. In Österreich waren bis Mitte September bereits 502 Masernfälle registriert worden.
Zum Vergleich: In Deutschland gab es 2023 im ganzen Jahr nur 79 Fälle, 2022 waren es 15. Allerdings gab es in früheren Jahren auch schon deutlich mehr Fälle: So wurden 2015 rund 2.470 Erkrankungen registriert, 2013 waren es rund 1.770.
Die Infizierten waren dieses Jahr zwischen 0 und 75 Jahre alt, hieß es vom RKI. Insbesondere seien Kinder in den ersten zwei Lebensjahren betroffen. Todesfälle seien bisher keine bekannt.
Die Ausbreitung der Masern ist häufig auf infizierte Einreisende aus dem Ausland zurückzuführen, die in Deutschland weitere Menschen anstecken, wie die RKI-Sprecherin erklärte. Dieses Jahr treffe das auf knapp 15 Prozent der Fälle zu.
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) für alle Kinder zwei Impfstoffdosen – die erste im Alter von 11 bis 14 Monaten, die zweite im Alter von 15 bis 23 Monaten.
„Masern ist eine Erkrankung, die bis auf sehr wenige Ausnahmen mit einer Impfung komplett verhindert werden kann“, sagte der Leiter der Infektiologie der Berliner Charité, Leif Erik Sander. Trotzdem stiegen derzeit in vielen Ländern die Fallzahlen. „Es ist kein deutsches Phänomen, es ist ein weltweiter Trend.“ Von einem großen Ausbruchsgeschehen könne man in Deutschland derzeit noch nicht sprechen. In Rumänien sehe es etwa mit bisher rund 18.000 Fällen viel schlimmer aus.
Eine einzelne Ursache gibt es für den Anstieg in Deutschland nicht, wie Sander meint, der Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie ist. Es könnte zum einen damit zusammenhängen, dass die Immunität in der Bevölkerung leicht gesunken sei, weil viele durch die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie kaum in Kontakt mit Krankheitserregern gekommen seien. Zum anderen zeigten Studien, dass die Impfbereitschaft nachgelassen habe. „Es reicht schon, wenn ein paar weniger Leute sich impfen lassen, damit es zu Ausbrüchen kommt.“
Masernimpfung bei vielen Kindern zu spät
Seit 2020 ist es in Kindergärten und Schulen vor der Neuaufnahme für mindestens ein Jahr alte Kinder Pflicht, eine Masernimpfung vorzuweisen. Nach Angaben des RKI erfolgt die Masernimpfung bei vielen Kindern aber zu spät oder nicht vollständig. Nur knapp 81 Prozent der Kinder, die 2019 geboren wurden, hatten im Alter von zwei Jahren beide Impfungen erhalten.
Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten und können mitunter lebensbedrohlich sein. Übertragen werden sie unter anderem über Tröpfchen und Aerosole, die etwa beim Sprechen, Husten und Niesen abgegeben werden. Eine Infektion beginnt laut RKI in der Regel mit Fieber, Bindehautentzündung, Schnupfen, Husten und Kopfschmerzen und weißen bis blau-weißen Flecken an der Mundschleimhaut. Wenige Tage später steigt das Fieber und es bildet sich der für die Masern typische Hautausschlag mit bräunlich-rosafarbenen Flecken. Die Erkrankung könne zu Lungen- und Gehirnentzündungen führen und tödliche Folgen haben. Laut Sander stirbt statistisch gesehen einer von 1.000 Erkrankten.
(APA/dpa/red.)