Einigung auf Pandemievertrag

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Autor: Scho

Die mehr als 190 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben am Dienstag in Genf den weltweiten Pandemievertrag verabschiedet. Nach der Corona-Krise soll das Abkommen die Welt besser auf künftige Pandemien und Gesundheitskrisen vorbereiten. In Österreich wird der Pandemievertrag von der größten Nationalratspartei FPÖ abgelehnt, die kürzlich auch eine Onlinepetition dagegen gestartet hat. Bis zum Inkrafttreten dürften allerdings noch Jahre vergehen.

Bei der Weltgesundheitsversammlung gab es am Dienstag keine Einwände gegen die Vereinbarung, sodass der philippinische Gesundheitsminister Ted Herbosa als Sitzungspräsident das Abkommen für verabschiedet erklärte. Auf das Abkommen hatten sich die WHO-Mitgliedstaaten Mitte April nach zähen, gut dreijährigen Verhandlungen geeinigt.

Das Abkommen zielt darauf ab, „Pandemien zu verhindern, sich auf sie vorzubereiten und auf sie zu reagieren“. Es soll im Fall von künftigen Pandemien Chaos bei der Beschaffung von Schutzmaterial wie während der Corona-Pandemie vermeiden, als Länder sich etwa Masken gegenseitig streitig gemacht haben. Außerdem soll es dafür sorgen, dass reiche Länder keine Impfstoffe horten, während ärmere Länder keine erhalten.

Kernstück der Vereinbarung ist ein neuer Mechanismus (PABS), der die rasche Weitergabe von Daten über Krankheitserreger an Pharmaunternehmen in Kombination mit einem Vorteilsausgleich ermöglichen soll. Mit dem neuen Mechanismus soll die Pharmaindustrie bei künftigen Gesundheitskrisen in der Lage sein, möglichst schnell mit der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zu beginnen. Die teilnehmenden Unternehmen müssen der WHO im Gegenzug 20 Prozent ihrer pandemierelevanten Gesundheitsprodukte zur Verfügung stellen.

Bis der Vertrag in Kraft treten kann, dürften allerdings noch Jahre vergehen. Voraussichtlich nächstes Jahr sollte die technische Umsetzung des Mechanismus von den Mitgliedsstaaten abgesegnet werden. Der Vertrag muss anschließend von zumindest 60 Staaten ratifiziert worden sein, damit er in Kraft tritt. Eines der umstrittensten Themen ist in einen Anhang geschoben worden, der noch gar nicht ausgehandelt worden ist. Dabei geht es darum, unter welchen Bedingungen Länder Impfstofffirmen gefährliche krankheitserregende Mikroorganismen oder Viren zur Verfügung stellen und wie sie dafür etwa mit bevorzugter Belieferung von Impfstoffen kompensiert werden.

Die österreichischen Grünen begrüßten die Verabschiedung des Abkommens. „Mit diesem Abkommen bekennt sich die Weltgemeinschaft zu Solidarität, Verantwortung und gegenseitiger Unterstützung. Es ist ein starkes Signal gegen Abschottung und Egoismus und ein wichtiger Schritt hin zu einer widerstandsfähigeren globalen Gesundheitsarchitektur. Der heutige Tag markiert einen Wendepunkt im internationalen Umgang mit Gesundheitskrisen und gibt Anlass zur Hoffnung, dass wir künftigen Herausforderungen gemeinsam und entschlossen begegnen können“, so Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner in einer Aussendung.

Budgetloch

Der Weltgesundheitsorganisation fehlen in den kommenden zwei Jahren 1,7 Milliarden Dollar (rund 1,5 Mrd Euro). Neben den USA hat Argentinien seinen Austritt aus der 1948 gegründeten Organisation verfügt. Die Finanzkrise der WHO stand neben dem Pandemievertrag im Mittelpunkt der Jahrestagung in Genf, die bis 27. Mai dauert.

Die USA hatten rund 20 Prozent zu den Ausgaben der WHO beigetragen. Die WHO habe das geplante Zweijahres-Budget für 2026/27 bereits um rund 20 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar pro Jahr gekürzt. Für den Zeitraum veranschlagt sie also 4,2 Milliarden Dollar. 2,1 Milliarden Dollar pro Jahr seien wenig, hatte Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus zum Auftakt berichtet. So eine Summe werde für Rüstungsgüter weltweit alle acht Stunden ausgegeben.

Die WHO reduziere ihr oberstes Führungsgremium von 14 auf sieben Positionen und die Zahl der Abteilungen von 76 auf 34, sagte er. Unter anderem geht der durch die Corona-Pandemie bekannt gewordene Nothilfe-Koordinator Mike Ryan. Die Zahl der Beschäftigten von weltweit rund 9.500 soll nach internen Plänen um 20 Prozent sinken. Eigentlich müssten die USA für 2025 noch rund 130 Millionen Dollar zahlen. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass das Geld kommt. Der Austritt der USA aus der WHO wird Anfang 2026 wirksam.

(APA/Reuters/dpa/red.)

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