Comedy Nurse und Tourschlampe

Lesedauer beträgt 2 Minuten
Autor: Norbert Peter

Bekenntnisse eines Leidenden. Eine Satire von Norbert Peter.

Weihnachten steht vor der Tür. Wer es nicht glaubt, braucht sich nur die Sammlung an Adventkalendern anschauen, die in den Supermärkten, Drogerien und Buchhandlungen angeboten werden. Und wer im WorldWideWeb danach sucht, wird ohnehin das ganze Jahr über fündig. Anscheinend haben wir Menschen eine diebische Freude daran, täglich kleine Fensterchen und Türchen zu öffnen, hinter denen eine Überraschung auf uns wartet. Die Erwartung ist groß, die Enttäuschung programmiert.

Was steckt hinter dem Türchen eines „Harry Potter“-Themen-Kalenders? Und was hinter dem des Kalenders, der sich „50 Shades of Grey“ als Motto setzt? Es werden sich wohl weder Daniel Radcliffe noch ein „Dark-Romance-Charakter“ mit Handschellen in unserem Wohnzimmer materialisieren …

Ein ganz spezieller Motto-Kalender wäre eine Möglichkeit, den Aufenthalt in einem Krankenhaus attraktiver zu gestalten. Natürlich würde man nicht jeden Tag ein Fensterchen öffnen, sondern jede Stunde. Für einen kurzen Moment wird man dadurch abgelenkt, von seinem Leiden – und von der paradoxen Situation: Man ist selbst angeschlagen und hält sich gleichzeitig in einer Räumlichkeit auf, in der ganz viele andere Kranke, also potenzielle Keimträger, Schulter an Schulter sitzen – im schlimmsten Fall Nasenspitze an Nasenspitze, Keimschleuse an Keimschleuse. Und das vielleicht über Stunden. Und dennoch will ich 24 Stunden bleiben, um zu sehen, was hinter dem letzten, größten Fensterchen steckt. Und danach wird die Glocke läuten und ich darf rein in das Zimmer der Sehnsucht: Dort werde ich ausgepackt und dann werden alle Apparate an mir ausprobiert!

Was wünscht sich ihr Parade-Patient? Wie sieht so ein Wartezonen-Kalender nach meinem Geschmack aus? Hier ein paar Hinweise von einem Menschen mit exzessivem Ordinationshintergrund:

Vielleicht kann ich dem Kalender ein Taschentuch entnehmen: Vierlagig, sanft und mit dem Duft von Melissengeist? Oder die eine oder andere Pille entdecken: eine, die so richtig glücklich macht, oder eine, die zumindest beruhigt? Eine Salbe gegen Entzündungen? Oder alternativ dazu vielleicht eine Packung Topfen? Dann könnten aber unter Umständen Sponsoren aus der Pharma-Ecke abspringen …

Eine helle Freude wären Texte der fürsorglichen Doktorenschaft: Fix rechne ich mit einer Broschüre über „Die Bedeutung des GLUT-5-Transporters bei der intestinalen Fructoseintoleranz in Weinanbaugebieten“. Aufregend wäre natürlich der Text eines herausragenden bayrischen Arztes: „Die unvollständigen Aufzeichnungen der Tourschlampe Doris“. In dem Roman erlaubt uns der Kabarettist und Rock-Musiker Georg Ringsgwandl, einen Blick hinter die Kulissen des Showbusiness zu werfen. Womit nicht der OP-Saal gemeint ist.

Hinter einem Türchen wartet vielleicht ein Gutschein für die Beratung durch eine „Comedy Nurse“. Also einer Community Nurse, die mich nicht nur mit viel Kompetenz und Geduld durch die Angebote des Institutionendschungels lotst, sondern mich nebenbei auch noch mit Ärzte-Witzen zum Lachen bringt. Weil mit Humor vieles leichter geht, sagt man.

Wird einem das Lachen vergehen? Mit Ende dieses Jahres läuft auch die EU-Förderung zu den Community-Nursing-Projekten im Rahmen unseres Aufbau- und Resilienzplans aus. Spannend: Wie viele Community Nurses werden danach noch ihrer Arbeit nachgehen können?

Mein Tipp an die neue Regierung: So ein Wartezonen-Kalender hebt die Stimmung bei den Patientinnen und Patienten. Außerdem ist er deutlich leichter umzusetzen und weit billiger als eine Reform, die den Pflegenotstand ernsthaft beenden könnte. Ich bin bei der Entwicklung gerne behilflich. 

Norbert Peter
Kabarettist, Buchautor, Journalist
Peter & Tekal, medizinkabarett.at

Nächste Termine:
„Es ist ein Arzt entsprungen …“
am 18.12.2024 im CasaNova (A-1010 Wien) und
am 27.12.2024 im Orpheum (A-1220 Wien)

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