Rettung schulte Sanitäter zu häuslicher Gewalt

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Autor: Scho

Das Tiroler Rote Kreuz hat im vergangenen Jahr eine großangelegte Schulungsoffensive seiner Mitarbeiter in Bezug auf häusliche Gewalt durchgeführt. Rund 3.000 Sanitäter hätten dabei neben einer allgemeinen Einführung ins Thema mögliche Gesprächseinstiege vermittelt bekommen, hieß es bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Ein zentrales Element sei das Codewort „Dr. Viola“, das Betroffenen von Gewalt eine diskrete Kommunikation ermöglichen soll.

Entwickelt wurde die Schulung maßgeblich von Isabella Mitter, Gleichbehandlungsbeauftragte in der Ombudsstelle im Roten Kreuz Tirol. „Die Schulung besteht aus zwei Teilen: Zunächst wurde ein allgemeines Verständnis für das System häusliche Gewalt vermittelt, der zweite Teil behandelte die spezifischen Anforderungen im Gesundheitswesen und Rettungsdienst“, erklärte sie der versammelten Presse. Dabei sei es auch darum gegangen, Handlungsempfehlungen und mögliche Gesprächseinstiege – etwa durch das Codewort „Dr. Viola“ – zu vermitteln. Mit diesem Codewort können Betroffene von Gewalt – ohne es direkt anzusprechen – um Hilfe bitten. An den tirol kliniken wurde dieser „Notruf“ bereits vor einigen Jahren eingeführt.

Ergänzend zur Schulung würden außerdem in allen Rettungsfahrzeugen der in Tirol tätigen Rettungsdienste Informationskärtchen mit Kontakten zu Unterstützungsangeboten aufliegen, sagte Mitter. Die flächendeckende Einbindung der Schulung in die Grundausbildung der Sanitäterinnen und Sanitäter sei zudem einzigartig in ganz Österreich.

Thomas Beck, psychologischer Leiter des Kompetenzzentrums Gewaltschutz und Gewaltambulanz in den tirol kliniken, war ebenso an der Entwicklung der Schulung beteiligt und wies auf den zentralen Moment bei der Übergabe von Gewaltbetroffenen durch den Rettungsdienst an das Klinikpersonal hin. Hier könne nämlich ein Hinweis gegeben werden, dass möglicherweise Gewalt im Spiel sei. Außerdem betonte er, dass man möglichst „niederschwellige Angebote“ bieten müsse. Insbesondere bei Menschen, die lange in Gewaltsystemen leben und meist „nicht von jetzt auf gleich aussteigen können“.

Die zuständige Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) unterstrich die Bedeutung der Initiative für das Gesundheitspersonal. Dafür habe das Land Tirol vor einem Jahr „die Expertinnengruppe Gewaltprävention ins Leben gerufen“ und sich bereits drei Mal getroffen. Man arbeite jedoch noch an der Entwicklung einer „gemeinsamen Haltung“ aller Beteiligten. Es sei nicht selbstverständlich, dass alle die „gleichen Werte und gleichen Ideen“ zur Bedeutung von Gewaltschutz und -prävention hätten. Für die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Expertengruppe habe sie für das Jahr 2025 „rund 100.000 Euro zur Seite gelegt“.

Sylvia Kranebitter, Referentin für Gesundheits- und Soziale Dienste beim Roten Kreuz Tirol, erklärte, dass man mit der Schulung „eine gewaltfreie Gesellschaft“ fördern wolle. 2024 habe man bereits Pilotprojekte in den Gesundheits- und Sozialen Diensten vorgenommen, heuer würden diese auf weitere Bereiche des Roten Kreuzes ausgerollt. „Ab 2025 werden wir die Schulungen ausweiten, um auch in unseren Kleiderläden, Team Österreich Tafeln, Wohnprojekten und Jugendgruppen das Thema Gewalt zu adressieren“, erklärte Kranebitter.

(APA/red.)

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