Kann nicht sein, dass "wir da nur unser kleines Süppchen kochen"

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Autor: Scho

Ob Lehre, Forschung oder Patientenbetreuung: „Wir verstecken uns nicht hinter dem Alten, Gewohnten, Bequemen“, betonte die Rektorin bereits in ihrer Inaugurationsrede im Frühsommer. Unter der neuen Rektorin, die seit Februar 2024 im Amt ist sowie ihrem Team soll die Med Uni Graz von Mut zu Neuem, Wissensdrang, dem Blick über den eigenen Tellerrand hinaus sowie Zusammenarbeit auf allen Ebenen als Motor für Innovation geprägt werden. Ziel sei ein international bestens vernetztes spitzenmedizinisches Zentrum, in dem akademische Freiheit gelebt und Studierende zu kritisch denkenden Medizinern ausgebildet werden sollen, so Andrea Kurz.

Im Bereich der Forschung an der Med Uni Graz gebe es bereits „gut etablierte Felder“ wie die Krebsforschung, Neurowissenschaften, Mikrobiomforschung, Stoffwechsel/Kreislauf und Infektionskrankheiten. Man sei international gut positioniert. Die Altersforschung werde ein neuer breit angelegter Forschungsschwerpunkt. Aber es gebe noch weiteres Potenzial für Wachstum und Entwicklung, wie die Rektorin schilderte.

„Bei allem, was wir in der Forschung machen werden, wird die Interdisziplinarität und Zusammenarbeit ganz wichtig werden – von der Grundlagenforschung über die klinische Forschung bis zur Implementation direkt am Patienten“, betonte Kurz. Um Fachwissen auszutauschen, Ressourcen zu bündeln und Innovationen zu beschleunigen, setzt die Med Uni verstärkt auf Kooperationen mit den steirischen Hochschulen: So habe man zwar bereits zahlreiche Verknüpfungspunkte mit der TU Graz und der Uni Graz. „Das wird jetzt ausgebaut und stärker formalisiert werden“, kündigte die Rektorin im APA-Gespräch an.

„Ich glaube, wir müssen viel mehr dazu kommen Dinge gemeinsam zu machen; um den Forschungsstandort Graz sichtbar zu machen: Denn die Forschung, die wir machen, soll ja auch weiter in Richtung Industrie gehen. Wir wollen Graz und die Steiermark auf Basis unserer Grundlagen- und klinischen Forschung für die Pharmaindustrie und die Medizintechnikbranche interessant machen. Und wir wollen die Unternehmen hierher bekommen, internationale Firmen, die dann auch hier investieren und die dann wiederum diesen Forschungs- und Wissensraum weiterbringen“, wie Kurz ausführte.

Die Grazer Forschungsergebnisse, die sie in den vergangenen Monaten gesehen habe, bezeichnete Kurz als „extrem eindrucksvoll“. Beeindruckt zeigte sie sich auch vom Unternehmergeist, der in Graz selbst herrsche. Er werde aber offenbar nicht ausreichend über die Landesgrenzen wahrgenommen: „Bevor ich hierherkam, wusste ich nicht, wie stark das Entrepreneurship hier ausgebildet ist. Oder wie viele Leute sich was trauen, die innovativ denken und Start-ups gründen. Es läuft enorm viel und ich denke, wir sind da gemeinsam dann wirklich auf einem guten Weg“, so die Rektorin.

Ein besonderes Anliegen ist der Rektorin die Entwicklung motivierender Karrierewege für herausragende Forschende. Sie müssten laut Kurz gezielt unterstützt und gefördert werden. Dazu gehöre auch die Bereitstellung klarer Karriereoptionen für diejenigen, die nach der Habilitation weiter an der Universität arbeiten möchten. „Wir müssen die bisherigen Führungspositionen regelmäßig anschauen. Denn es müssen nicht dieselben Leute in derselben Funktion 20 Jahre sitzen und die jungen, die nachkommen, sehen keine Chancen. Wir müssen Optionen schaffen, dass sie in Gremien auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene kommen aber auch Führungsaufgaben am Standort übernehmen können“, betonte die Rektorin.

Förderung brauche es insbesondere in der klinischen Forschung, wo die Balance zwischen Forschung und Patientenversorgung eine Herausforderung darstellt. „Wir evaluieren gerade, ob unsere Leute genug Zeit bekommen“, so Kurz. Fest stehe, dass es für Frauen derzeit noch wesentlich schwieriger sei, solche Karrieren einzuschlagen. Sie wolle daher gezielt Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der Forschung ergreifen. „Man muss ihnen den Rücken stärken. Wir wollen ihnen Zeit geben, wenn sie sie aus familiären Gründen brauchen. Wir wollen Systeme entwickeln, die es verhindern, dass in dieser Zeit ihre Forschung brach liegt. Vielleicht auch mit einer extra Post-Doc-Stelle oder so“, führte Kurz aus.

Generell wolle man das Personalmanagement so einrichten, „dass es eine wirkliche Serviceleistung für motivierte Mitarbeitende wird, die eine Karriere in der Forschung verfolgen“, sagte die Rektorin im APA-Gespräch. Dazu gehöre, dass man ihnen Aufgaben abnehmen, um ihnen den Rücken freizuhalten. Daran arbeiten wir momentan intensiv“.
Um Österreich zu einem führenden Standort in der medizinischen Forschung auszubauen, seien verstärkte Kooperationen zwischen den österreichischen Universitäten und Forschungseinrichtungen notwendig: „Es kann nicht sein, dass in einem kleinen Land wie Österreich, wir da nur unser kleines Süppchen kochen. Das geht in der Medizin nicht – und das bringt uns auch für die Patientenversorgung nichts“, betonte Kurz.

Man sei aber bereits auf gutem Weg: Kürzlich wurde etwa der FWF-geförderte Exzellenzcluster „MetAge“ bewilligt, in dem die Med Unis Wien und Graz und die Uni Graz kooperieren. Darin will man erforschen, wie Störungen der Stoffwechselkontrolle das Risiko altersbedingter Krankheiten beeinflussen und gleichzeitig gezielte Interventionen in der Ernährung klinisch testen. Und mit dem neugegründeten Austrian Cancer Center Network wollen die Med Unis Graz, Innsbruck und Wien mit innovativer Wissenschaft gemeinsam dem Krebs den Kampf ansagen.

 (APA/Annemarie Happe/red.)

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