Vor knapp vier Jahren verstarb die österreichische Molekularbiologin Angelika Amon 53-jährig an Krebs – künftig arbeiten in Wien rund 150 Wissenschafterinnen und Wissenschafter im neuen „Angelika Amon Forschungsgebäude“ am Kampf dagegen. In etwa 60 Millionen Euro investierte der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim am Standort Wien-Meidling in die neue Infrastruktur, wie es bei der Eröffnung hieß.
Amon war eine hoch angesehene Krebsforscherin am Howard Hughes Medical Institute des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Professorin für Biologie am Koch Institute for Integrative Cancer Research des MIT (USA). Geboren am 10. Jänner 1967 in Wien, war sie dem Forschungsstandort Österreich und Boehringer Ingelheim lange verbunden, erklärte der Leiter der weltweiten Krebsforschungsaktivitäten bei dem Pharmaunternehmen, Norbert Kraut, vor Journalisten.
Die Namensgebung, auch in Verbindung mit Amons langjährigem Kampf gegen den Krebs sei daher etwas „sehr Persönliches“. Man wolle das Vermächtnis der Forscherin, die u.a. mit dem manchmal als „Oscar der Naturwissenschaften“ bezeichneten „Breakthrough-Preis“ ausgezeichnet wurde, hochhalten und auch daran denken, dass „Menschen mit Krebs oft keine Zeit haben, zu warten“, sagte Kraut.
Amon war eine der ersten Studentinnen am 1988 eröffneten, von Boehringer alljährlich mit rund 20 Mio. Euro geförderten Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien-Landstraße. Bei dessen damaligem Chef Kim Nasmyth machte sie ihre Masterarbeit und in Folge ihr Doktorat (1994). Anschließend ging sie an das Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge (USA) und wechselte 1999 an das MIT, wo sie seit 2011 einen Lehrstuhl für Krebsforschung innehatte. Sie war von 2010 bis 2013 Aufsichtsrätin im Wissenschaftsfonds FWF, seit 2015 Mitglied der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und bis zu ihrem Tod im IMP-Aufsichtsrat.
In ihrer wissenschaftlichen Arbeit war Amon den zellulären Ursachen der Krebsentstehung auf der Spur. Sie erforschte an Hefezellen das Phänomen der „Aneuploidie“. Damit werden bei der Zellteilung entstehende Gendefekte bezeichnet, die in fehlenden oder überzähligen Chromosomensätzen bestehen können und für schwerste Erkrankungen, unter anderem Krebs, verantwortlich sind.
Ihre Arbeit dazu lebe auch in aktuellen Projekten und Therapie-Ansätzen weiter, erklärte Kraut. Ein großes Thema sei momentan, wie man mit Aneuploidien in Verbindung stehende Tumore und deren Weiterentwicklung am besten therapeutisch angreifen kann.
„Einzigartiger Standort Wien“
Auch aus diesem Grund habe man das neue „State-of-the-Art“-Forschungsgebäude an dem für das Unternehmen „einzigartigen Standort Wien“, der von der Grundlagenforschung bis zu Produktion und Vertrieb als einziger alle Bereiche des Unternehmens abbildet, gebaut, erklärte der Direktor des rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassenden „Regional Center Vienna“, Pavol Dobrocky. Knapp 11.000 Quadratmeter Fläche auf elf Etagen stehen der angewandten Wissenschaft nun neu zur Verfügung.
Im Zentrum der Entwicklungen stehen zum Beispiel neue Therapiezugänge, bei denen einerseits die Krebszellen selbst angegriffen, sowie gleichzeitig das Immunsystem gezielt auf sie angesetzt wird. Die Medikament-Entwicklungs-Pipeline des Unternehmens sei im Bereich der Onkologie sehr gut gefüllt – immerhin rund ein Drittel aller in den Startlöchern stehenden Ansätze sei hier angesiedelt, so Paola Casarosa, Leiterin der globalen Innovationsabteilung bei Boehringer Ingelheim.
Insgesamt habe man in den vergangenen zehn Jahren rund eine Milliarde Euro in Wien investiert, betonte Dobrocky. Damit das auch so bleibt, brauche es weiter die steuerliche Begünstigung von Forschungsaktivitäten im Rahmen der „Forschungsprämie“, eine an Deutschland angelehnte Strategie für den lebenswissenschaftlichen Bereich, möglichst sinkende Lohnnebenkosten und eine Stärkung der klinischen Forschung. Auch wegen der guten Rahmenbedingungen mit vielen Universitäten, Krankenhäusern und dem „sich stark entwickelnden Biocenter“ investiere man rund 300 Millionen Euro pro Jahr hierzulande in Forschung, so Dobrocky.
(APA/red.)