Das Gesundheitsministerium hat die Medizinische Universität Wien mit dem Betrieb eines Nationalen Referenzzentrums für postvirale Syndrome beauftragt. Die MedUni hatte im Rahmen eines EU-weiten Vergabeverfahrens den Zuschlag dafür erhalten. Die auf Erkrankungen wie ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis /Chronisches Fatigue Syndrom) oder Long-Covid spezialisierte Einrichtung soll in den kommenden Wochen die Arbeit aufnehmen. Rund eine Million Euro steht zur Verfügung.
Der Leidensdruck der Betroffenen sei groß, das Referenzzentrum werde helfen, dass neueste wissenschaftliche Erkenntnisse rasch an alle Mitarbeitenden im Gesundheitssystem gehen, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) in einer Aussendung: „So verbessern wir die medizinische Versorgung und die Lebensqualität der Betroffenen.“ Das Referenzzentrum soll bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse zu postviralen Syndromen sammeln, die Forschung vorantreiben und vor allem auch Schulungen für Gesundheitspersonal anbieten.
Für das Referenzzentrum werden den Angaben zufolge insbesondere das Zentrum für Public Health, Abteilung für Primary Care Medicine, und das Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie, Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien tätig sein. Geleitet wird es von Kathryn Hoffmann und Eva Untersmayr-Elsenhuber.
Eva Untersmayr-Elsenhuber ist Fachärztin für klinische Immunologie und Expertin im Bereich post-viraler Erkrankungen. Sie baut derzeit mit ihrem Team die erste österreichische Biobank für ME/CFS auf. „Es ist für die Betroffenen ausgesprochen wichtig, dass wir uns in Österreich an ausgezeichneter, internationaler Forschung im Bereich der post-infektiösen Erkrankungen beteiligen. Nur so können wir dann auf schnellstem Weg das Wissen über dringend benötigte neue Diagnose- und Therapieansätze vermitteln“, betonte sie.
Kathryn Hoffmann ist Ärztin und Wissenschafterin im Bereich Public Health, sie leitet die Abteilung für Primary Care Medicine an der MedUni Wien. „Besonders wichtig beim Thema postakuter Infektionssyndrome ist die transdisziplinäre Zusammenarbeit von ärztlichen und anderen Gesundheits- und Sozialberufen, sowohl in der Lehre und Weiterbildung als auch in der Forschung und Behandlung der Betroffenen“, wurde sie zitiert.
Durch die Corona-Pandemie erhielten postvirale Syndrome wie Long-Covid und ME/CFS zusätzliche Bedeutung. In Österreich geht man allein für ME/CFS von bis zu 80.000 Betroffenen aus, erinnerte das Gesundheitsministerium. Durch das Fehlen eines klaren Biomarkers sei der Weg zur korrekten Diagnose noch immer langwierig. Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten seien sehr unterschiedlich, oft müssten verschiedene medizinische Disziplinen zusammenarbeiten.
Aus Sicht von SPÖ-Volksanwaltschaftssprecher Rudolf Silvan gehen die geplanten Maßnahmen nicht weit genug: Nötig seien „medizinische Anlaufstellen für Erkrankte in jedem Bundesland und echte finanzielle Absicherung der Betroffenen“.
(APA/red.)