Editorial

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Pozhaluysta!

Als ich vor etwa zehn Jahren in Moskau war, fiel mir etwas Seltsames auf: An vielen Kreuzungen standen Polizisten, die mit einem Gummiknüppel in der rechten Hand den Verkehr regelten. Die linke Hand hielten sie den Autofahrern hin, die beim Vorbeifahren Geldmünzen hineinlegten. Einheimische erklärten mir, dass die Gehälter der Beamten derzeit so niedrig seien, dass sie das zusätzliche "Körberlgeld" zum Überleben bräuchten. Den Gummiknüppel nannten die Moskauer übrigens "Pozhaluysta [Paschalsta]-Stick" – soll heißen: "Bitte um eine Spende!"...

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Das Tor zur Staatsmedizin

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein Gewerkschafter zum Totengräber der
Selbstverwaltung in der Sozialversicherung wird? Verstaatlichung ist in Krisenzeiten
„in“. Nicht nur bei den Banken. Auch im Gesundheitswesen kauft der Staat
marode Firmen. Rund 730 Millionen Euro an Steuergeldern sollen in den nächsten
zwei Jahren (mindestens) in die Sanierung der Krankenkassen fließen. „Wir sind
damit in eine steuermitfinanzierte Gesundheitsversorgung eingestiegen“, sagt
Minister Stöger im Interview mit dem Standard. Das bedeutet konkret:...

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Reflexartig

Nun haben sie also das Kassensanierungspaket abgesegnet, der Finanzminister und
der Gesundheitsminister. Vorrangig in den Bereichen Heilmittel und ärztliche Hilfe
sind die Kassen angehalten, „verantwortungsbewusst mit den Versicherungsgeldern
umzugehen“, wie Alois Stöger es umschreibt. Der Reflex, auf den alle schon gewartet
hatten, wurde auch prompt ausgelöst:...

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Gedämpfte Freude

Gleich zwei neue Krankenhäuser wird es in Mödling und Baden geben, lautet die Frohbotschaft von Landesrat
Wolfgang Sobotka, die alten sind schon in die Jahre gekommen. Der Klinikkomplex soll „richtungsweisend
für die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Niederösterreich, ja sogar in Europa“ sein. Wie wir
spätestens seit dem Vorjahr wissen...

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Einigungen

Manchmal ist Aktionismus gleichbedeutend mit Aktion und kann tatsächlich eine
Änderung bewirken. „Alle reden über Diabetiker, aber keiner redet mit uns“, ärgerte
sich Peter Leeb, als im Jänner das endgültige Aus des Disease-Management-Programms
„Therapie Aktiv“ in Niederösterreich bekannt wurde. Daraufhin setzte das
umtriebige Vorstandsmitglied der Selbsthilfegruppe Aktive Diabetiker Austria ein
Mail-Trommelfeuer in Richtung sämtlicher Beteiligter in Gang...

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Unschärfe

Werner Heisenberg war ein kluger Mann. Deshalb bekam er auch den Nobelpreis, und das schon im zarten
Alter von 31 Jahren. Er formulierte die Unschärferelation, sozusagen den Grundstock der Quantenmechanik.
Auf das Niveau von uns weniger Begabten heruntergebrochen bedeutet die Sache mit der
Unschärfe so viel wie: Die Beobachtung eines Vorganges verändert dessen Ergebnis...

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Allheilmittel und Optimisten

Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, da sperrten Österreichs Ärzte ihre Ordinationen zu und gingen auf die Straße. Sie protestierten gegen Aut idem, Patientenquittung und eine Gesundheitsministerin, der sie vorwarfen, sie in die Pläne zu einer Gesundheitsreform nicht genügend eingebunden zu haben, und die sie deshalb in beschämender Weise lächerlich machten. Heuer waren die Ärztevertreter...

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Paläozän

Informationstechnologien bilden den Schwerpunkt dieser Ausgabe, im weitesten Sinn also die unendliche
Geschichte der ELGA. Die erste kurze, wenngleich äußerst mühsame Wegstrecke in Richtung ELGA
war Ende Juni schließlich doch zurückgelegt: der Beschluss der E-Medikation, besser gesagt, der Beschluss
der Pilotierung der E-Medikation. Die soll im Herbst in drei Regionen...

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Ahnungsvoll

Noch ist offiziell nicht Frühlingsbeginn. Aber gar nicht wenige Menschen im Gesundheitswesen
blicken schon jetzt so ahnungsvoll-verträumt drein, als hätten sie den leisen
Harfenton vernommen, der hellere Zeiten ankündigt. Gesundheitsminister Alois
Stöger – von dem in den finsteren Herbsttagen viele behaupteten, er würde nach den
Wien-Wahlen einer Regierungsumbildung zum Opfer fallen – freut sich darüber, dass...

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Nutzbringend

Jerome Groopman ist einer der bekanntesten Ärzte der USA. Er arbeitet und lehrt an der
Harvard Medical School, schreibt in der New York Times und im New Yorker und hat das kluge
Buch Wie Ärzte ticken verfasst. Groopmans Begeisterung für elektronische Gesundheitsakten,
die in Amerika schon wesentlich weiter verbreitet sind als hierzulande, hält sich in Grenzen...

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Fight as fight can

Wer ein gutes Gedächtnis hat oder ein halbwegs brauchbares Zeitungsarchiv, der erinnert sich noch an die ärztlichen Patientenfighter des Jahres 2008. Die haben so lange und so
wild gefightet, dass schließlich die Gesundheitsministerin entnervt das Weite suchte. Und wer noch tiefer in seinem Gedächtnis oder seinem Archiv gräbt, dem wird klar, dass es
bei der Fighterei auf den mehr als peinlichen Veranstaltungen damals um die Profilierung von Ärztekammerfunktionären und Eigeninteressen...

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Editorial

Vielleicht bin ja nur ich so eine Bedenkenträgerin. Bloß gibt es nicht viel Auswahl an schlüssigen Antworten auf die Frage: Welches Interesse haben gewinnorientierte Unternehmen, die ihre Einkünfte aus dem Verkauf von Arzneimitteln beziehen, an der Beschäftigung mit Kindergesundheit?
Nun kann man ohne Ende über den Segen der Diphtherie-Impfung referieren und über den einstigen Schrecken der...

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Umlenkungsmanöver

Er könnte einem fast leidtun, der Ärztekammerpräsident. Bei jedem Interview, auf jeder Pressekonferenz spürt man förmlich, wie unangenehm ihm die „Mein Arzt ist weg“-Kampagne ist, die von der Hauptsache-dagegen-Truppe der ansonsten heillos zerstrittenen Ärztevertreter durchgeboxt wurde und die er jetzt öffentlich verteidigen muss.

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Bissl neu

In Niederösterreich bleibt also nach der Wahl alles beim Alten. Die absolute Mehrheit der ÖVP ist zwar nicht mehr ganz so absolut. Aber immerhin – sie lässt keinen Zweifel daran, wer auch in Zukunft das Sagen haben wird. Was so viel heißt wie: Auch in den nächsten Jahren wird in Niederösterreich Gesundheit mit Krankenhaus gleichgesetzt werden: mit 26 Spitälern und einem Medizinischen Zentrum für 1,6 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 19.000 Quadratkilometern...

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Hüftsteif

Es war einer dieser Medien-Hypes, auf den alle zu warten scheinen, wenn es um die Gesundheitsversorgung geht: „Nur mehr billige Hüftimplantate für über 80-Jährige“. Endlich und sozusagen als Vorgeschmack auf die Gesundheitsreform schien auch in Österreich das wahr zu werden, was als englisches Schreckgespenst in den letzten Jahren oftmals beschworen wurde: Es wird gespart und rationiert, und zwar zuerst bei den Alten...

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Durchs wilde Lobbystan

Seit Anfang des Jahres ist beim österreichischen Justizministerium ein Lobbyisten-Register eingerichtet, in das sich Lobbying-Unternehmen, Selbstverwaltungskörper und Interessenverbände einzutragen haben. Erst wenn sie das getan haben, dürfen sie ihre Tätigkeit ausüben und müssen dabei gewissen Mindeststandards genügen.
Was das gebracht hat, zeigt der jüngste Fall:

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ÖKZ Extra: Hygiene 2013

Semmelweis hätte es wissen müssen. Er hat es vermutlich geahnt: Seine Zeitgenossen im Wiener Allgemeinen Krankenhaus würden für seine Ansichten zur Händereinigung vor dem Kontakt mit Patienten nur wenig übrig haben. War es doch seit dem griechischen Arzt Hippokrates (460-375 v.Chr.) in den 1840-er Jahren noch immer gängige Lehre, dass Miasmen – giftige Bodenausdünstungen – über die Luft fortgetragen werden und Krankheiten verbreiten. Von Keimen konnte Semmelweis zu dieser Zeit noch nichts wissen...