Bitte nicht atmen

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Autor: Michaela Endemann

Strahlentherapie ist belastend. Erst recht, wenn sie mit einer schwierig erlernbaren Atemtechnik einhergeht. Ein Prototyp der FH St. Pölten will Abhilfe schaffen.

Eine von acht Frauen ist in Österreich in ihrem Leben von einem Mammakarzinom betroffen. In den meisten Fällen wird eine Strahlentherapie durchgeführt. Bei einem linksseitigen Mammakarzinom wird die „Deep Inspiration Breath Hold“ (DIBH-) Technik angewandt. Dabei muss die Bewegung des Brustkorbs einer idealen Atemkurve angepasst und der Atem in einem definierten Bereich so lange wie möglich angehalten werden. Nur in dieser Zeitspanne wird die Bestrahlung ausgelöst. Dadurch wird nur der vom Brustkrebs betroffene Bereich der Strahlendosis ausgesetzt, wodurch lebenswichtige Organe wie Herz und Lunge vor kritischen Nebenwirkungen wie Myokarditis geschützt werden. Das Problem: Die Atemtechnik ist nicht intuitiv und muss während der Therapiesitzung erlernt werden.

Die bisherige Praxis

Ein Plastikwürfel mit reflektierenden Markern wird auf dem Brustkorb der Patientin platziert, der sich beim Atmen mit der Bewegung des Brustkorbs auf und ab bewegt. Diese Bewegung wird von einer Infrarotkamera erfasst, die die Daten an eine Software sendet. Das Programm visualisiert die Atemkurve für Radiologietechnologinnen und Radiotechnologen. Die Atemkurve ist jedoch nur für diese ersichtlich. Die Patienten werden nur mit verbalen Anweisungen angeleitet. Das System bricht die Strahlenbehandlung ab, sobald eine Abweichung vom vorgegebenen Atemanhalte-Bereich festgestellt wird. Stress ist so die Begleiterscheinung jeder einzelnen Anwendung.

Atemtechnik mit audio-visuellem Feedback

Dieser unzufriedenstellenden Situation stellte sich Anna Springer und ihr Team im Projekt „BreathX“, ein Studierendenprojekt einer Gruppe des Masterstudiengangs Digital Healthcare 2020 der FH St. Pölten. „Die Herausforderung besteht darin, ein System zu schaffen, das den Patientinnen mit einer strahlentherapeutischen Behandlung ein hilfreiches Feedback gibt“, so die Projektleiterin Anna Springer. „Unser Prototyp führt in Anlehnung an eine aus dem Yoga stammende Atemübung sanft durch jede Bestrahlungseinheit.“ Das Gerät liefert ein audiovisuelles Feedback während der Atemanhalten-Phasen und schafft gleichzeitig eine entspannende Atmosphäre, die auf wissenschaftlichen Methoden beruht.

Die Technik

Für Patientinnen wird eine virtuelle Umgebung zur Visualisierung der eigenen Atemkurve geschaffen. Mittels eines Beamers wird ein Bild von einem Heißluftballon und einem Balken an die Wand gegenüber projiziert. Der Heißluftballon symbolisiert die eigene Atemkurve. Ziel ist es, den Ballon bis zur Höhe eines dunkelgrauen Balkens mittels der Atmung steigen zu lassen. Sobald sich der Ballon vollständig im dunkelgrauen Balken befindet, wird er grün und es ertönt eine Glocke. Wenn ausgeatmet wird, fällt der Ballon herunter und verlässt den Balken. Er wechselt von grün wieder zu dunkelgrau und die Strahlung stoppt. „Diese audiovisuelle Rückmeldung zeigt, dass der Inspirationspegel richtig ist und der ideale Atemanhalte-Bereich erreicht wurde“, erläutert Springer. Der Lernbedarf wird vom Projektteam als überschaubar eingeschätzt. Das Personal müsste entsprechend für die neuen Technologien lediglich eingeschult werden.

Die Zukunft

Die Pandemie hat das Projekt gebremst. Usability-Testungen mit gesunden Personen konnten noch nicht durchgeführt werden. Dennoch ist die Forschungsgruppe zuversichtlich. In einem nächsten Schritt soll der Prototyp in einem klinischen Umfeld getestet werden. Das Entwicklungsteam plant zudem, das Atemtraining flexibler zu gestalten. Anna Springer: „Es gibt die Idee, eine Erklärungs- und Übungsapp zu entwickeln, damit die Patientinnen diese Atemtechnik vor der Bestrahlung zu Hause erlernen können.“    //

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